»Klüssendorfs Mädchen ist eine Heldin unserer Zeit« (Die Zeit) - und nun wird es erwachsen. Die Kindheit ist vorüber, aber erlöst ist das Mädchen deshalb noch lange nicht. Nach ihrem hochgelobten Roman »Das Mädchen« schreibt Angelika Klüssendorf die Geschichte ihrer jungen Heldin fort. Ihr Weg führt aus einer Jugend ohne Jugend in ein eigenes Leben - das den Umständen abgetrotzt werden muss. Am Anfang stehen ein Koffer mit ihren spärlichen Habseligkeiten und ein Zimmer zur Untermiete. Das Mädchen, das sich mittlerweile April nennt - nach dem Song von Deep Purple -, hat die Zeit im Heim hinter sich, die Ausbildung abgebrochen und eine Arbeit als Bürohilfskraft zugewiesen bekommen. Zwischen alten Freunden und neuen Bekannten versucht sie sich im Leipzig der späten 70er-Jahre zurechtzufinden, stößt dabei oft an ihre eigenen Grenzen und überschreitet lustvoll alle, die ihr gesetzt werden, am Ende mit ihrer Ausreise auch die zwischen den beiden Deutschlands. Aber jedem Ausbruch folgt ein Rückfall, jedem Glücksmoment eine Zerstörung, jedem Rausch die Ernüchterung. Und immer ist da die Frage nach den Kindheitsmustern, der Prägung durch die verantwortungslose Mutter und den alkoholkranken Vater. Angelika Klüssendorf ist ein weiteres Meisterwerk gelungen. Ohne Pathos, nüchtern und souverän erzählt sie von einem Weg aus der scheinbar ausweglosen Vergangenheit - mit psychologischem Feingefühl und klarem Blick für die gesellschaftlichen Zustände. Es entsteht ein Doppeltes: ein erschütternder Adoleszenzroman und ein nüchternes Porträt der sozialen Zustände im untergegangenen real existierenden Sozialismus - und im West-Berlin der frühen 80er-Jahre.
Angelika Klüssendorf, geboren 1958 in Ahrensburg, lebte von 1961 bis zu ihrer Übersiedlung 1985 in Leipzig; heute wohnt sie auf dem Land in Mecklenburg. Sie veröffentlichte mehrere Erzählbände und Romane und die von Kritik und Lesepublikum begeistert aufgenommene Romantrilogie „Das Mädchen“, „April“ und „Jahre später“, deren Einzeltitel alle für den Deutschen Buchpreis nominiert waren und zweimal auch auf der Shortlist standen. Zuletzt wurde sie mit dem Marie Luise Kaschnitz-Preis (2019) ausgezeichnet. Die französische Übersetzung ihres Romans „Vierunddreißigster September“ stand auf der Longlist des Prix Femina 2022.
"Lebenswut" ist das Wort, das am besten den Charakter der Protagonistin dieses Buches beschreibt. April setzt die Geschichte des Romans "Das Mädchen" fort und begleitet sie als junge Erwachsene, die sich in der DDR und danach West-Berlins der 80er Jahre durchschlägt und sucht. Das jeweilige Regime bildet dabei lediglich den Lokalkolorit, viel zentraler ist der Kampf der jungen Frau mit sich und ihrer verkorksten Kindheit. Sie sehnt sich nach der "Vorstellung jemand würde sie brauchen" und tatsächlich braucht ihr Sohn sie, sie kann aber keine tiefe Zuneigung und Liebe geben. Vielmehr sitzt "in ihrem Inneren ... ein scheußlicher Knoten, und immer wenn sie sich aufregt, löst sich der Knoten und verschießt rötliche Wutpfeile." Über allem liegt seit ihrer Kindheit der Schatten der Mutter, deren "Zorn wie eine Ascheschicht auf ihrem Herzen liegt".
April ist ein verstörender und fesselnder Roman zugleich, einer der mehr Fragezeichen als Antworten zurückläßt. Ich würde die Person April vermutlich nicht im realen Leben kennenlernen wollen, aber ich bin dankbar ein Teil ihres Lebens miterlebt zu haben.
Das Mädchen ist jetzt volljährig und nennt sich April. Sie verlässt das Heim, darf ein Zimmer bei einer seltsamen Vogeldame beziehen und fängt an zu arbeiten. Doch das Trauma der Kindheit lässt sie nicht los, es geht ihr nicht gut. Sie ist depressiv ohne es so nennen zu können und ist nach einem Suizidversuch länger in einer Klinik. Ein bisschen scheint es zu helfen, sogar eine Beziehung ist möglich, sie bekommt einen Sohn - und wieder stehen ihr antrainierte Muster im Weg. Im zweiten Band ihrer Trilogie erzählt Angelika Klüssendorf von einer jungen Frau, die versucht ihren Platz im Leben zu finden und nie wirklich Ruhe findet. Nicht mit sich selbst und schon gar nicht mit ihrer Umwelt. Sie streift viel umher in diesem Buch, probiert sich aus, eckt eher unbeabsichtigt mit der DDR-Diktatur an, reist in den Westen aus und findet Kraft im Schreiben. Dieses Buch hat mir noch besser gefallen als das erste. Bitter ist das Erzählte, traurig und wütend. Und doch voller Hoffnung, dass die Vergangenheit eben nicht das ganze Leben bestimmen muss, dass auch traumatisierte Menschen wie April einen Weg finden können. Klüssendorfs verknappte Sprache bringt diese Mischung aus emotionalen Tiefs und Hochs wieder ganz genau auf den Punkt. Ihre Worte bilden einen Rausch, dem ich mich nur schwer entziehen kann.
The troubled girl, who calls herself April, lives an out-of-control life in Leipzig, East Germany, in the 1970’s. It’s the same old story we have heard so many times before about a girl with low self esteem. Too many men, too much alcohol, mental breakdowns, problems to fit in, gets pregnant, neglected child who becomes a neglecting mother to an unplanned child, aspiring writer. Wants to go to West Germany, and is finally allowed to do so. Doesn’t fit in there either. Surprise!
Books like this always bore me to death. I get angry, annoyed, impatient, and think get your shit together, ffs. Maybe there’s something I miss. Or maybe it’s just my low EQ.
Bei weitem nicht so erschütternd wie Teil 1, aber dennoch faszinierend zu lesen. Man begibt sich auf die Reise mit dem "Mädchen" das zur Frau wird und wünscht ihr in jeder Zeile das sie ihr Glück findet, in die richtige Spur kommt und kann nichts dagegen tun, dass sie durchs Leben stolpert. Teil 3 wartet.
Wir treffen das Mädchen wieder, als sie das Kinderheim mit 18 verlassen muss. Die Jugendhilfe besorgt ihr ein Zimmer in der Wohnung einer ziemlich merkwürdigen Seniorin mit Kanarienvogel, einen Hilfsjob in einem Starkstrom-Kombinat und sie selbst versorgt sich mit einem Namen. “April” aus einem Song von Deep Purple.
April stolpert durch die Freiheit ihres Erwachsenenlebens und sucht und sucht nach irgendetwas, was ihrem Inneren Halt gibt. Sie möchte Nähe und Ankommen, nicht mehr allein sein, vielleicht sogar geliebt werden, aber sie fürchtet sich davor, jemanden zu brauchen oder wirklich an sich heranzulassen.
Very well-written sequel to "Das Madchen". Really interesting and very sad depiction of how an abusive and neglectful childhood never really leaves a person, forming who they are or who they think they are in their adult life. April shows clearly that if nobody has shown you what proper relations, especially family relationships are, it is really difficult to manage to establish them yourself. April clearly tried to leave her childhood behind and do better, especially for her son, but you can feel that there was a clear lack of understanding of what a child's needs are and a clear lack of ability to really feel and act like a mother. Her relationships with men clearly also mirrored these of her mother.
Another very interesting topic in both this book and the first book is life in the DDR (East Germany). The huge influence in the life of every citizen, sometimes good and sometimes disastrous. Very different challenges for a child and a young woman compared to most "free" societies. I always like to learn more about life in the DDR, which was so closed off for such a long time and which still has a huge effect on German society now. Very well documented.
Was soll ich sagen...das siffige Szenario, in dem die Hauptfigur lebt, viel Trunkenheit, wahllose Promiscuität mit einer emotional abgestumpften Hauptfigur, die punkig asozial wirkt und ständig über die Stränge schlägt und in der ehemaligen DDR damit durch kommt. Wovon leben sie und ihre kleine Familie? Da komme ich nicht rein. Dann darf sie mit Mann und Kind ausreisen in die BRD. Ab da plätschert es weiter im gleichen Tenor vor sich hin. Wiederkehrend: der Suff am Abend, Alleingänge und ein miefig wirkendes Sein im stinkig-siffigen Umfeld. Ein Roman, der mich von Anfang an genervt hat. Absolut nicht mein Ding, aber vielleicht habe ich das Buch einfach nicht verstanden.
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En fristående fortsättning på "Flickan", men jag hade nog haft en bättre förståelse för April ifall jag läst den före. Nu blev jag mest irriterad på hennes självdestruktiva beteende. Jag har dessutom lyssnat på boken som radioföljetong, med en uppläsare som jag tyvärr inte kom riktigt överens med.
Intressant var ändå att få en inblick i hur det var att leva i ett delat Tyskland, eftersom boken tar sin början i slutet av 70-talet. Det var enda anledningen till att jag envisades med att lyssna klart.
Nachdem die Protagonistin auf den ersten 70 Seiten gefühlt durchgehend betrunken war, ging es dann aufwärts. Nicht mit ihr, aber mit der Geschichte und der in meinen Augen wunderbar getroffenen Sprache der Autorin. Am Ende bin ich doch schwer begeistert und froh, dass ich jedem Buch 100 Seiten gebe, bevor ich es wegen mangelndem Interesse zur Seite gelegt habe. 😍
Wildes Mädchen April, eine Figur, die sich einprägt. Vermittelt weniger vom Lebensgefühl in Leipzig/Westberlin der 80er, als ich gehofft hatte, aber das passt zu dieser manischen Hauptfigur. Endet mit einem Lächeln.
Die Protagonistin April ist eine junge Frau im Leipzig der 70ger Jahre. Sie hatte eine schwere Kindheit, auf die häufiger Bezug genommen wird, wenn in ihrem Leben etwas schief geht. Der langfristige negative Einfluss aus einer Kindheit mit einer alkoholkranken, tyrannischen Mutter und einem abwesenden Vater ist April in ihrem jungen Erwachsenenleben stetig vor Augen. In Aprils Leben geht viel schief – und wenn einmal etwas gut läuft, macht sie das misstrauisch und sie zerstört es sich selbst. Auch dessen ist sie sich bewusst, ohne verändernd auf ihr Verhalten einwirken zu können. Dabei umgibt sie sich mit Möchtegern-Intellektuellen, Künstlern und Außenseitern aller Art, konsumiert viel Alkohol und macht auch bei anderen Drogen nicht Halt. Ihr Leben nimmt seinen Lauf: mal überwiegt eine depressive Phase, die sogar zu einem Selbstmordversuch und einer kurzen Einweisung in eine psychiatrische Klinik ausartet, meist lässt sie sich aber unbeteiligt und desinteressiert vom Leben dahintreiben. So hat sie eine langjährige Beziehung zu einem Mann, den sie nicht liebt, bekommt einen Sohn, dem sie gerne mehr geben möchte als sie in der Lage ist, mehrere Liebhaber tauchen zwischen den Seiten auf. April verlässt den Osten Deutschlands und wagt in Westberlin einen Neuanfang, der jedoch schnell das trostlose Leben mit den alten, falschen Mustern aus Leipzig fortsetzt. Dabei zeigt April immer mal wieder den Ansatz von Veränderung, entdeckt die Philosophie, liest Bücher über Psychologie, erkennt ihre Schwächen und deren Ursachen, beschäftigt sich vorübergehend auch einmal mit alten und kranken Mitmenschen, aber sie entwickelt sich bei all dem nicht weiter. Vielleicht ist das die Realität für die Zukunft eines Lebens mit einer solchen Vergangenheit; ich persönlich würde das dann aber eher in einem Sozialbericht lesen wollen als die frustrierende Leere einer auf ewig im Elend verhangenen Protagonistin in einem Roman zu verfolgen.
Vielleicht muss man den ersten Teil der Geschichte kennen, bevor man sich der Fortsetzung widmet? Ich habe „Das Mädchen“ nicht gelesen, vielleicht kam ich deshalb einfach nicht an die Protagonistin heran.
Eine Sozialstudie, deren psychologischer Hintergrund durchaus reizvoll hätte sein könne. In meinen Augen aber werden hier lediglich alle möglichen Stereotypen oberflächlich zusammengewürfelt: der Freund, der aus lauter Unsicherheit zum Besserwisser mutiert, die Freundin, die von ihrem Mann geschlagen wird, der bipolare Liebhaber… sicher alles Charaktere, die in einem Leben wie Aprils vorkommen können. Nur dass sie alle auf diese vorsehbare Weise in der Geschichte auftauchen und ein Klischee nach dem anderen erfüllen, fand ich wenig beeindruckend bis flach.
Der Epilog war dann für mich der letzte ausschlaggebende Grund, nicht von dem Buch begeistert zu sein. Er entwertet alles vorher Geschehene und will den Leser nach all den Rückschlagen tatsächlich noch die Illusion eines Happy End mit auf den Weg geben… oberflächlich…
Il y a un an, j’avais eu un beau coup de cœur pour un roman qui m’avait bouleversé : La fille sans nom d’Angelika Klüssendorf. Alors quand j’ai vu dans le programme du 1er trimestre 2016, un nouveau roman de l’auteure, je n’ai pas pu résister. Nous sommes toujours en RFA, vers la fin des années 70 – début des années 80. Nous faisons la connaissance d’April, une jeune fille/femme qui va commencer son premier travail dans un bureau et qui rejoint avec ses maigres affaires, un appartement en co-location. On devine chez elle, un passé difficile, et une âme un peu (beaucoup) rebelle. April est une personne qui se cherche encore, quitte à se mettre en danger. Mauvaises fréquentations, alcool, tabac, soirée, tout y passe, pour s’autodétruire, jusqu’à la tentative de suicide. De rencontres en rencontres, on en apprend peu à peu sur April. J’ai mis du temps à la comprendre, à la cerner. C’est un personnage compliqué, mais à la hauteur de son passé dont on ne sait pas grand chose au départ, et pourtant… Une mère alcoolique qui la tabassait sans la moindre raison, un père absent. Alors pour April, quand tout va bien, c’est beaucoup trop suspect, ça n’est pas normal. Elle cherche alors à s’autodétruire. J’ai retrouvé avec plaisir l’écriture si particulière d’Angelika Klüssendorf, une écriture dure, noire presque désagréable pour le lecteur, car froide. Elle livre sans état d’âme son contenu de manière directe de façon parfois choquante. C’est une écriture marquante, qu’on n’oublie pas mais qui ne plaira pas à tout le monde. Il n’y a pas de dialogue ou si peu, c’est un récit pur. Pour ma part j’adhère complètement. Je m’étais attachée d’emblée à La fille sans nom, pour April, ce fut différent, plus lent, il m’a fallu du temps, pour comprendre son passé, et ce qui a pu la rendre si compliquée, si difficile à rendre heureuse, tout simplement. Le chemin s’est fait peu à peu. Il m’a déjà fallu un peu plus de soixante dix pages pour entrer dans l’histoire et découvrir un élément important qui a complètement changé ma lecture, je ne vous dirai pas quoi, puisque la maison d’édition ne le mentionne nulle part, et j’ai horreur d’être spoiler. Donc ce sera à vous de le découvrir. Il n’en reste pas moins que malgré cette découverte, je n’ai pas pris autant de plaisir dans ma lecture que dans la précédente. Je ne me suis jamais complètement attachée à April, même si parfois j’arrivais à la comprendre. Il lui faudra du temps pour comprendre qu’elle a droit aussi au bonheur, peut-être trop de temps, car April commettra sans cesse les mêmes erreurs. Je suis bien contente d’avoir découvert ce second roman d’Angelika Klüssendorf, qui même s’il ne m’aura pas complètement convaincue, il m’aura tout de même fait passer un bon moment lecture, avec ce roman à l’ambiance sombre et noire. A découvrir dès aujourd’hui aux Editions Presses de la Cité.
Das ist ja das zweite Buch über das Mädchen/ die Frau April und ich muss sagen, dass mich am Ende nervte, das sie immer wieder flieht. Jede fünf Seiten wird "gerannt": vor Menschen, vor schwierigen Situationen, vor Bedrohungen. Wenn eine neue Geschichte erzählt wird, eine neue Person oder ein neues Motiv auftaucht, kann man gleich am Anfang voraussagen, wie es endet: April wird kopflos "rennen". Ich weiß, dass das die Konsequenz ihrer traumatischen Kindheit ist, aber die ständige Wiederholung der gleichen Fehler macht den Roman eher zum Buch für eine Psychotherapeutin, ich fand es irgendwann eintönig. Auch das politische Engagement, das keins war, wirkte auf mich unrealistisch und nervte. Sie machte eine Untergrundmappe, weil... einfach so, ohne Grund, man hat den Eindruck, genauso gut hätte sie Schmetterlinge aus Papier ausschneiden können. Bei anderen quasi-oppositionellen Sachen, die sie machte, war es auch so. Als ob das alles nur ein weiteres Zeichen für ihre psychischen Störungen wäre. Oder eine Art Opposition im Halbschlaf. Schön fand ich allerdings, dass sich am Ende die Geschichten von Aprils Vater bestätigt haben, man sieht dann ganz klar, wie pathologisch diese ganze Situation mit der wütenden Mutter und dem Trinken war, wie sie die Menschen zerstörte, nicht nur April und ihre Brüder, den Vater auch.
Ich bin beeindruckt, wie die Autorin Aprils schwierigen Charakter einfangen konnte und mit so spärlichen Mitteln Interesse und Empathie erzeugen konnte. Ich freue mich schon auf den letzten Teil der Trilogie :-)