Kintsugi ist das japanische Kunsthandwerk, zerbrochenes Porzellan mit Gold zu kitten. Diese Tradition lehrt, dass Schönheit nicht in der Perfektion zu finden ist, sondern im guten Umgang mit den Brüchen und Versehrtheiten.
Es ist Wochenende. Wir sind in einem Haus an einem spätwinterlichen See, das Licht ist hart, die Luft ist schneidend kalt, der gefrorene Boden knirscht unter unseren Füßen. Gerade sind Reik und Max angekommen, sie feiern ihre Liebe, die nun zwanzig ist. Eingeladen sind nur ihr ältester Freund Tonio und seine Tochter Pega, so alt wie die Beziehung von Max und Reik. Sie planen ein ruhiges Wochenende. Doch ruhig bleibt nur der See.
»Kintsugi« ist ein flimmernder Roman über die Liebe in all ihren Facetten. Über den Trost, den wir im Unvollkommenen finden. Und darüber, dass es weitergeht. Wie immer geht es weiter.
Now Winner of the Aspekte Prize 2019; Shortlisted for the German Book Prize 2019 Kühmel (*1992), whose professors included Daniel Kehlmann and Roger Willemsen, offers a seemingly calm story about relationships that might appear strong, but are in fact - hey, human nature - always fragile and can break easily. The title "Kintsugi" refers to a Japanese technique used to repair broken pottery by mending the areas of breakage with lacquer, often mixed with gold. Can the pieces of human relationships also be put together again and be stronger than before, are the lines where they were mended flaws or do they add history and character? How bad can the breakage be, how much gold do you need to turn the accident or the act of destruction into something beautiful?
The story revolves around Reik and Max, their long-time friend (and Reik's part-time lover) Tonio as well as Tonio's daughter Pega. All of them meet in Reik's and Max's holiday home in the Uckermark, a beautiful landscape in northeastern Germany, to celebrate the couple's 20-year-anniversary (if they were married, this anniversary would be called "Porzellanhochzeit", porcellain wedding, in the German tradition). In flashbacks, we learn about the relationship between artist Reik and archaelogy professor Max as well as about their friendship with Tonio and how the latter decided to become a single father at a young age. His now 20-year-old daughter Pega, a psychology student, also re-evaluates how she perceives the trio and her own role in their lives.
So this is something of a chamber play and a psychological novel, and the remarkable thing is that while nothing much happens and the protagonists are not exceptional in any way, this text is captivating and, yes, exciting: Kühmel slowly introduces her characters and subtly points to the breakages and the efforts to mend them, and the reader starts to wonder if, when, and how connections will dissolve beyond repair. It becomes apparent that those four have assembled a lot of gold during all of these years together, a lot of emotions and experiences that they can employ to fight the centrifugal forces, but will it be enough?
Kühmel alternates between the viewpoints of her characters, always revealing new angles and new information, plus she adds parts with witty and sometimes vicious dialogue written as if in a play, thus changing pace and highlighting key points of her narrative. Overall though, her drama is delicate like Japanese pottery, it's not loud or flashy, which, like in real life, can make rifts between people even more harrowing: When there's not even enough emotion left to cause a proper scene, it's really over.
So while this debut clearly has some flaws - some allegorical vignettes that were inserted do not work, and some metaphors (depression = a sea behind the door of a dungeon?) try very hard, but fail - this is a promising start into the longlist, and I can see Kühmel making the next round. Btw: While this is a much better book than the last Japan-related entry, The Pine Islands, there is not much Japan in there, so be warned, naive Japan-enthusiasts (like me): This is not a book about Japan! My tipp: Read it anyway! :-)
>>>Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2019 (Shortlist)<<<
Ach, schade. Da habe ich mir deutlich mehr von versprochen, dass ich mehr drin bin, mehr mitleide, mehr "dabei bin". Aber dieses Buch wollte mich irgendwie nicht richtig mitnehmen. Da war diese kühle Distanz, die immer zwischen uns stand.
Kintsugi ist es "kleines" Buch, begrenzt in Sachen Raum und handelnder Charaktere. Ein Kammerspiel an einem See in der Uckermark, mit vier Menschen, die einander seit 20 Jahren zugewandt sind und sich in- und auswendig kennen. Denken sie zumindest. Doch weder Max und Reik, das hausbesitzende schwule Paar, noch Reiks bester Freund Tonio oder seine Tochter Pega - von Beginn an von dem Trio quasi co-aufgezogen - sind so ganz ehrlich. Nicht gegenüber den anderen, aber auch nicht immer gegenüber sich selbst. Und so kommen sie dann doch ans Tageslicht, die verborgenen Dinge, die den Dynamiken der Gruppe ganz neue Richtungen verleihen.
Das hörte sich alles ganz toll an, und ging auch gut los. Ich war voll und ganz bereit, mich komplett auf die vier einzulassen. Aber ich kam einfach nicht richtig ran. Die Charaktere blieben mir fremd, sie haben keine Gefühle in mir ausgelöst - und das ist es, was ich von Büchern erwarte. Die Dynamiken zwischen den Figuren, ihre Bewegungen zueinander hin und wieder weg - ich stand am Rande und habe es zur Kenntnis genommen. Mehr leider nicht.
Stilistisch war das größtenteils okay, grob untereilt ist das Buch in vier große Kapitel, in denen jede Figur abwechselnd einen langen Monolog halten darf. Diese geben Einblicke in Vergangenes und die daraus entstandenen Konsequenzen. Hier und da wurde mir etwas zu viel ausgeholt, die Charaktere erschienen mir dann zu weit weg. Zwar waren sie auch in diesen Szenen fast nie allein, dann aber doch - Interaktion findet nur wenig statt, die Handlung spielt sich auf einer tieferen, inneren, sehr intimen Ebene ab - und eben da bin ich nicht richtig rangekommen.
Die psychische Erkrankung eines Charakters wurde etwas - für mich - zu stark metaphorisch behandelt. Was mich persönlich überfordert hat, waren die Stilbrüche zwischen den großen Kapiteln. Als eine Art Bindeglied wird eine kürzere Szene in Form eines Theaterstücks dargestellt. Plötzlich reden alle vier durcheinander, es herrscht regen Treiben, Aktivität überall - das war mir zu plötzlich zu viel - als ob plötzlich die Linse aufgerissen wird, mir die Totale bunt und grell entgegen springt und ich keine Sonnenbrille dabei habe.
Schließlich hatte mir das letzte Kapitel zu sehr etwas von "Kreis schließen". Der Titel, "Kintsugi", bedeutet die Kunst, zerbrochene Teeschalen mit Goldlack zu reparieren. Und Brüche, wieder Zusammengekittetes usw. waren auch der rote Faden. Da hätte ich mir am Ende noch etwas mehr Bruch gewünscht - so ergab sich eine Kette, in der Charakter 1 Charakter 2 beleuchtete usw., bis das letzte Kapitel den "Schlussbogen" spannte. Ich hatte gehofft, dass es genau so nicht kommt, das war mir zu "rund".
Abgesehen davon liest sich die Geschichte sich sehr gefällig, und ich bin mir sicher, dass andere Menschen daran sicher mehr Freude haben werden als ich. Ich kann auch nicht sagen, dass es mir überhaupt nicht gefallen hat - es hat mich nur nicht besonders angesprochen und leider zu kalt gelassen.
Im März ist es klirrend kalt in der Uckermark. Max und Reik feiern das 20. Jubiläum ihrer Beziehung und laden dazu Reiks ersten Mann Tonio und dessen Tochter Pega in ihr Landhaus am See ein. Max ist Archäologe, sein Partner Künstler mit Kinderwunsch; beide sind verankert in der entsprechenden Szene. Langjährig verbunden ist sich das Paar durch unauffällige Scharmützel um das klare Design im Haus – freie Flächen contra Geraffel, Ordnung contra Chaos. Reik fühlt sich nur von den klaren Linien japanischer Kunst und japanischen Kunsthandwerks angesprochen. Nach all den Jahren scheint noch immer ungeklärt, wer von ihnen in der Beziehung Herrscher und wer Bewunderer ist. In der Uckermark können die Partner sich der Illusion ihrer Jugend hingeben, sie wären für sich und die letzten Menschen auf der Welt. Eine Verbindung zwischen ihnen stellt Pega her, die Tonio gemeinsam mit seiner Mutter aufgezogen hat und deren Erwachsenwerden das Altern der Herren spiegelt. Max und Reik zogen Pega von Anfang an wie eine erweiterte Familie mit auf, empfanden eine Zuneigung, die sie vermutlich selbst verblüfft. WG-Chaoten können erstaunlich penibel werden, wenn plötzlich ein Baby im Haus ist. Wenn ich nicht wäre, wäre Tonio heute auch reich und berühmt, stellt Pega fest angesichts ihrer wohlhabenden Ziehväter. Auf Pega lastete auch die Erwartung, dass ihre drei Väter sie zu einem Wunderkind heranwachsen sehen wollten. Sie hat sich zu einer couragierten Person entwickelt, die heute studiert und zu allem eine Meinung hat. Max, aufgewachsen bei einer alternativen Mutter in einer WG, hat in seiner Kindheit gelernt, sich gegen Dinge zu entscheiden und gegen andere Kinder, falls sie Mädchen waren. Pega will er der Vater sein, den er sich vermutlich gewünscht hätte, wäre er eine Tochter gewesen. Hinter Reiks märchenhaftem Erfolg als Künstler verbargen sich schon immer innere Dämonen, die wiederum Druck auf Tonio und Pega ausüben, sich um ihn zu kümmern. Sichtlich gealtert, sinnt er auf einmal über eigene Kinder nach - als Zeichen seiner ambivalenten Beziehung zu seinem Partner?
Reiks Beziehung zu japanischem Kunsthandwerk erklärt den Buchtitel: Kintsugi ist eine japanische Handwerkstechnik, um kostbare zerbrochene Keramik mittels kontrastierender Linien/Materialien wieder zusammenzufügen und so einen neuen (wertvolleren) Kunstgegenstand zu schaffen. Der Gedanke liegt nahe, dass auch während des Treffens in der Uckermark aus Scherben des Alten etwas Neues entstehen wird, das wertvoller sein kann als seine Teile.
An einem Wendepunkt in der Lebensmitte scheint das Haus am See wie ein Vergrößerungsglas Gefühle und Dinge hervorzuheben, aber auch dazu zu verleiten, sich darunter preiszugeben. Vier Icherzähler beleuchten in je einem persönlichen Kapitel aus ihrem Blickwinkel die Beziehung zwischen drei Männern um die 40 und der Tochter eines von ihnen. Sie alle scheinen mit ihrem Außenseiterdasein zu kokettieren. Figuren aus der Kunstszene zwischen Schein und Realität hätten meine Neugier auf den Roman normalerweise nicht geweckt, hier war noch der Anstoß nötig: Lies das!
Durch den goldfarbenen Weg auf dem Buchcover und die japanischen Kapitelüberschriften, die sich um Leere, Grazie, Feinheit, Leichtigkeit gruppieren, hat Miku Sophie Kühmels Debütroman (der nicht ihr erster Roman ist) mir zu seinen Erzählperspektiven zusätzliche Bedeutungsebenen geboten – ein ungewöhnliches Leseerlebnis.
Kintsugi - das japanische Kunsthandwerk, zerbrochenes Porzellan mit Gold zu kitten.
Ein Wochenendhaus in der Uckermark. Reik und Max haben ihren langjährigen Freund Tonio und dessen inzwischen erwachsene Tochter Pega eingeladen. Alles ist wie immer, schon seit inzwischen zwanzig Jahren bildet das Quartett eine Art freiwillige Familie, Reik und Max haben Pega ebenso mit erzogen und aufwachsen sehen wie Tonio. Frauen gab es keine, die vermisste auch niemand. Alles scheint perfekt, doch das scheinbar glückliche Bild bekommt nach und nach immer feinere Risse, die irgendwann in Brüchen enden. Ein Wochenende, das ein Ende und Anfang ist, an dem vieles infrage gestellt, anderes bestätigt wird.
Miku Sophie Kühmel verleiht ihren vier Figuren einem nach dem anderen eine Stimme, um ihre Sicht des Jetzt, aber auch der vergangenen zwei Jahrzehnte zu schildern. „Kintsugi“ ist dafür als Titel hervorragend gewählt, denn es wird versucht nochmals zu kitten, was schon zerbrochen ist. Vier Perspektiven auf das Leben, die das Ungesagte offenlegen und zeigen, was unter der Oberfläche versteckt wird.
Alle erwachsenen Männer haben mit Selbstzweifeln und Unsicherheiten zu kämpfen, die sie jedoch verstecken. Max ist erfolgreicher Professor, der von seinen Studierenden bewundert wird, dies aber gar nicht wahrnimmt, sondern immer nur sieht, wie erfolgreich sein Partner ist. Reiks Kunst begeistert weltweit und hat ihn reich gemacht, für ihn jedoch ist Tonio das größte Kunststück geglückt: seine Tochter. Alles, was er erschafft, verblasst daneben und wird bedeutungslos. Tonio hingegen hat keine Karriere gemacht trotz bester Voraussetzungen als Musiker und ob er als alleinerziehender Vater so erfolgreich war, stellt er ebenfalls infrage. Pega hat drei ganz unterschiedliche Vorbilder und erkennt, wie schwer es für alle Männer in ihrem Leben sein wird, an diese auch nur ansatzweise heranzureichen.
Es geht um nicht weniger als das Leben und den Sinn desselben. Obwohl sie etwas aus den wenigen Chancen gemacht haben, bleibt bei Reik, Max und Tonio die Frage, ob nicht auch alles ganz anders hätte kommen könne, ob sie nicht etwas verpasst haben, den falschen Weg eingeschlagen haben. Es sind die Zweifel, die wir alle mit uns herumtragen und die uns blind machen für das Schöne und Gute in unserem Leben. Die das verdecken, was Außenstehende bewundern und beneiden und uns verleiten, Dinge aufzugeben, die schwer erkämpft wurden und wertvoll sind.
Ein wundervoll erzählter Roman, der tief in die Seele und Gedankenwelt der Figuren abtaucht und beim Leser Denkprozesse anstößt, die auch nach der letzten Seite noch fortdauern.
Es sind dieses Jahr wieder viele interessante Bücher auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. "Kintsugi" z. B. hat mich sehr neugierig gemacht. (Schon allein wegen dieses wunderschönen Covers). Es ist die Geschichte zweier Männer, seit zwanzig Jahren ein scheinbar perfektes Paar, die in ihrem Haus am See ein Wochenende verbringen möchten und dazu ihren besten Freund und dessen erwachsene Tochter einladen. Vier Menschen, die ineinander ihre Familie gefunden haben. Aber wie bei einer kostbaren Teeschale, die auf den Boden fällt und zerspringt, bekommt auch ihr Leben erst Risse, die schnell immer größer werden, bis alles auseinander bricht und vier große Scherben übrig bleiben. "Kintsugi" ist die Kunst, zerbrochenes Porzellan mit Goldkitt wieder zusammenzufügen, sodass die Risse golden schimmern und das Gefäß so nur noch wertvoller machen. Können die vier auch ihr Leben wieder kitten und zusammenfinden? In einer schönen, bildhaften Sprache gibt Miku Sophie Kühmel uns Einblick in die Gedanken von jedem der vier Protagonisten. Reflexion, Erinnerungen, Wünsche. Kann man jemals einen anderen Menschen voll und ganz kennen? Mir hat das Buch sehr gut gefallen.
Abgebrochen Warum? Der Schreibstil ist mir zu kühl und distanziert. Das führt dazu, dass auf mich die Geschichte oberflächlich und gewollt wirkt. Aber vielleicht bin ich nicht in der Lage, den tieferen Sinn zu erkennen. Die, wie gesagt, kühle, mich als Leserin bewusst auf Distanz zu Inhalt und Figuren haltende Sprache, lässt es nicht zu.
Kintsugi hat mich überwältigt. Sprachlich, intellektuell, emotional. Nicht nur die besondere Erzählweise, sondern auch das feine Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen ließen mich immer wieder darüber staunen, wie jung die Autorin ist. Es hätte mich nicht gewundert, wenn die Geschichte aus der Feder eines gesetzten und gefeierten Autors stammte. Sie ist ruhig und handelt allein von einem Wochenende und vier Personen, die viel miteinander verbindet. Sexualität wird kaum thematisiert und erfrischend unspektakulär beschrieben. Als ich die erste Seite aufschlug, wusste ich noch nicht, dass ich es mit einer solchen Perle der Literatur zu tun habe. Wer Geschichten mit komplexen Persönlichkeiten und dem Fokus auf vielschichtigen Beziehungen aller Art mag – unbedingt lesen!
Wer ein Buch über ein schwules, mittelaltes Pärchen mit Beziehungsproblemen lesen will, ist mit dem fast gleichzeitig erschienenen "Benzin" von Gunther Geltinger deutlich besser bedient.
Ansonsten stellt sich bei Kintsugi nur die Frage, ob das Lektorat bei Fischer gerade im Generalstreik war oder warum sonst das Buch so erscheinen konnte.
Ich möchte außerdem das Wortverbrechen "Kniefte" nie wieder irgendwo lesen müssen.
Sie sind seit zwanzig Jahren zusammen und das wollen sie feiern. Eher begehen als feiern. Reik und Max fahren ins Wochenendhaus am See, da wo sie sich immer wohl fühlten. Ihre einzigen Gäste sind Tonio und seine Tochter Pega. Sie sind fast wie eine Familie. Im winterlichen Haus entwickelt sich das Festwochenende etwas anders als erhofft. Verborgene Wünsche und Gedanken drängen ans Licht. Eigentlich waren es Tonio und Reik die sich zuerst kannten schon als sie noch Jugendliche waren. Und dann war Max da, der Ruhige, bei dem sich der Künstler Reik ausleben konnte.
Kintsugi bezeichnet auf Japanisch, die Kunst zerbrochenes Porzellan mit Gold zu kitten. Und tatsächlich gibt es in dem Roman eine Teetasse, die auf diese Art repariert wurde und dadurch noch eine zusätzliche Schönheit bekommen hat. Auch die Beziehung von Max und Reik scheint gekittet. Und im Verlauf des Wochenendes offenbart sich, dass die Beziehungen zwischen den drei Männern und dem jungen Mädchen, das sie aufgezogen haben, nicht so glatt und friedlich sind wie es auf den ersten Blick wirkt. Risse durchziehen die Bande zwischen diesen Menschen, die doch so menschlich bleiben. Sie sind schon ein Trupp, Künstler, Professor, Klavierspieler und die junge Studentin.
Man muss fürs Lesen solch poetischer Beziehungsgeflechte geschaffen sein, um von diesem Roman eingenommen zu werden. Ist man das nicht, verliert sich die Lektüre in den Erzählungen und Gedanken der handelnden Personen. Man vermisst eine wirkliche Handlung. Dennoch kann man die Poesie genießen und der Gedanke an die Teetasse in ihren verschiedenen Daseinsformen hat was. Man beginnt sich zu fragen, ob die Menschen mit ihren Beziehungen ebenso zart umgehen wie mit der Tasse, ob sie sie ebenso hegen und nach Brüchen wieder zusammensetzen. Oder gibt es den Moment, an dem man einfach erkennen muss, dass es vorbei ist. Diese kluge und schöne Idee vermag wohl nicht jeden Leser zu packen, wird vielen aber ein besonderes Leseerlebnis bereiten.
Vier Menschen, die ihr halbes Leben zusammen verbracht haben, fahren übers Wochenende zu ihrem Haus am See. Max und Reik sind seit zwanzig ein Paar – und verkörpern für die meisten Menschen um sie herum die Idealvorstellung einer Beziehung. Tonio nimmt seine Tochter Pega mit, die von den drei Männern gemeinsam grossgezogen wurde und mittlerweile erwachsen ist.
Im Laufe des Wochenendes kommen Themen hoch, die scheinbar schon lange unter der Oberfläche brodeln. Es geht dabei um Eifersucht, verpasste Chancen und unterschiedliche Zukunftsentwürfe; um Abhängigkeit und Loslösung. Jeder Person ist ein Kapitel gewidmet, in dem sie in Form eines inneren Monologs seine bzw. ihre Gedanken und Gefühle ausbreitet. Langsam lassen sich so die Konstellationen erfassen. Zwischen diesen (recht langen) Monologen stehen kurze Einschübe, in denen tatsächlich etwas passiert – ein Gespräch, ein Spaziergang, eine Fahrt mit dem Boot, die die Gedanken- und Gefühlswelt der Figuren weiter vorantreibt, bis es zur Eskalation kommt. Kintsugi ist die traditionelle japanische Methode, Bruchstellen in Keramik mit einer goldfarbenen Kittmasse wieder zusammenzufügen. Genau das versuchen die Figuren in ihrem Beziehungsgefüge zu tun.
«Kintsugi» ist trotz kleiner Schwachstellen ein sehr gelungener Debütroman. Es gibt Themen, die von der Autorin stark betont werden, dann aber insgesamt viel zu kurz kommen (beispielsweise die Abwesenheit von Pegas Mutter). Auch die Sprache bordet manchmal ein klein wenig über. Als Ganzes finde ich das Buch vom Aufbau und Inhalt her aber spannend und toll geschrieben. Ich freue mich schon auf weitere Bücher von Miku Sophie Kühmel.
Mit diesem Roman über ein homosexuelles Paar, einen Ex und dessen Tochter, die anlässlich des 20. Jahrestages der Beziehung ein Wochenende in der Uckermark verbringen und dabei eine Menge alter Verletzungen ans Tageslicht bringen, bin ich leider nicht warm geworden.
Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht eines der 4 erzählt, und damit sind wir auch schon beim ersten und größten Kritikpunkt: obwohl sie laut Beschreibung alle nicht unterschiedlicher sein könnten, artikulieren sich alle 4 gleich. Ich musste immer wieder überlegen, WER denn jetzt gerade erzählt, zumal die Handlung dann auch zeitlich gerne springt... Aber sowohl eine zwanzigjährige Studentin als auch ein vierzigjähriger manischer Künstler oder ehrsamer Professor haben das gleiche Denkschema, die gleiche Satzstruktur..
Dann hat mich die permanente Überpräsenz von Sex gestört. Als wollte man das Klischee, dass Schwule permanent nur an Sex denken bis auf's Letzte ausreizen.
Dazwischen waren immer mal wieder auch kurze Passagen, die ich als sehr einfühlsam, sehr wahrhaftig empfand. Hier zeigt die Autorin, was sie kann.
Die überladene Symbolik von Kintsugi hätte ich für dieses abgesehen davon spannende Beziehungspanorama nicht unbedingt gebraucht. Das Buch ist da am interessantesten, wo es die Interpretation der Brüche nicht extra ausbuchstabiert.
Eigentlich wollte ich "Kintsugi" gar nicht lesen, weil ich den Plot nicht so interessant fand (Max und Reik verbringen das Wochenende in ihrem Haus am See, um ihr zwanzigjähriges Beziehungsjubiläum zu feiern, dazu haben sie ihren besten Freund Tonio und dessen Tochter Pega eingeladen). Wie froh ich bin, dass ich mir den Roman doch noch vorgenommen habe, denn das Buch ist einfach großartig und hat mich sehr inspiriert. Im Roman geht es um das Beziehungsgeflecht der vier Hauptpersonen. Was zunächst harmonisch scheint, ist nur Fassade. Unter der Oberfläche brodelt es und nach kurzer Zeit zeigen sich die ersten Brüche. Das Setting des Romans hat etwas von einem Kammerspiel, zwischendrin erzählt jede der vier Hauptpersonen in Einschüben die eigene Geschichte aus der Ich-Perspektive. Diese Teile waren für mich die schönsten Teile des Romans: Es geht um Väter und Mütter und Töchter und wie schwierig Liebe und Familie sein kann - und dass eben nicht immer alles perfekt sein muss. Fein und genau durchwebt Miku Sophie Kühmel ihre Sätze mit den richtigen Wörtern, zeichnet sehr genau die zarten Verästelungen und fühlt sich tief in die Personen ein. Ob am Ende alles auseinanderbricht, möchte ich nicht vorwegnehmen, einen Hinweis kann der Titel selbst geben, denn Kintsugi ist die Kunst, Porzellan mit Gold zu reparieren... Für mich war "Kintsugi" vollkommen zu Recht auf der Shortlist des deutschen Buchpreises 2019 - es ist ein tiefgründiges, sehr feines und ganz besonderes Buch, dessen Sog ich mich nicht entziehen konnte.
ich bin etwas schockiert irgendwie. hab das buch erst sehr geliebt und mich in der geschichte wiedergefunden - bis ich brutal rausgeworfen wurde. was soll ich denn jetzt mit dem ende anfangen bitte???
Sehr gut geschriebenes Buch, die Autorin kennt sich mit Worten aus. Der Stil ist interessant, ein Wink an die Moderne—unterschiedliche Erzähler und Standpunkte, Prosa und Theater. Das Thema ist mutig—die Beziehung drei schwule Männer, darunter ein alleinerziehender Vater, und das Mädchen, dem mit diesen Männern als Vaterfiguren aufgewachsen ist. Dennoch ist die Geschichte zu oberflächlich und uninteressant, die Charakteren ertrunken in Privilegien. Die harten Punkte werden überhaupt nicht erforscht. Am Ende hielt der ursprünglicher Mut nicht länger als die Zusammenfassung.
Loved loved loved this one. I would never hae thought that it could be so thrilling just to acoompany four people (a gay couple, their best friend and his daughter) on a weekend trip to their house by the lake. Nothing really happens and everything at the same time. Kümel is a master of describing human emotopns in a way that makes you hurt and laugh out at the same tame. I would have loved to accompany Max and Reik a lot longer. This book is about the inevitable failure of love and about it's infallibility at the same time.
Eine queere Familie aus 3 Männern und einer erwachsenen Tochter vor Brandenburgischer Seenkulisse. 2 Jahreszehnte Vorgeschichte werden anhand der 4 Perspektiven ausgerollt. Was vielversprechend beginnt, ließ mich durch mitunter gesteltzte Sätze und historische Ungenauigkeiten bald stocken, bis ich mich mehr und mehr durchbeißen musste... 2.5 Sterne.
Mir hat die Geschichte gut gefallen, der Einblick in diese nicht ganz so "normale" Familien/Freundeskonstellation fand ich interessant. Auch der Schreibstil, nüchtern und konkret, welcher noch durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven verstärkt wurde, hat mir gut gefallen. Und genau diese Betrachtungen der jeweils erzählenden Protagonisten hat der Geschichte den für mich entscheidenen Twist gebracht. Ich finde solche Wendungen gerade im Zwischenmenschlichen immer sehr interessant und sehr lesenwert.
Das Buch wurde mir von netgalley gratis zur Verfügung gestellt.
Dieses Buch hat mich vollkommen überzeugt. Und das, obwohl ich zunächst skeptisch war, nachdem ich einige andere Rezensionen gelesen hatte. Ich finde es ganz erstaunlich, wie eine so junge Autorin es schafft, so genau die Gefühlswelt so unterschiedlicher Personen darzustellen, und dazu noch das Beziehungsgeflecht deutlich zu machen. Die gewählte Erzählweise von wechselnden Ich-Erzähler*innen, die dann aber jeweils ein langes Kapitel lang die Geschichte dieses Wochenendes weiter erzählen dürfen, erhellt dieses Beziehungsgeflecht und diese Figuren in ihrer Komplexität und gleichzeitig Einfachheit. Die dazwischen geschobenen szenischen Teile bringen zudem noch die Handlung voran und ermöglichen es uns als Leser*innen, den Figuren jeweils unvoreingenommener zu begegnen. Mich zumindest haben die Figuren berührt, ihre Gedanken und Gefühle mich bewegt und Anregungen gegeben.
Vier Menschen lernt man mit diesem Buch kennen: das schwule ‚Traumpaar‘ Max und Reik sowie Reiks Jugendliebe Tonio und dessen Tochter Pega. Seit der Geburt Pegas bilden die Vier eine Art Familie und Max‘ und Reiks 20jähriges Paarjubiläum wollen sie zusammen feiern im gemeinsam genutzten Ferienhaus in der Uckermark. Eine solche Konstellation provoziert eine Krise ja buchstäblich und es kommt wie es scheinbar kommen muss: Harmonie ist an diesem Wochenende nicht angesagt.
Doch im Vergleich zu anderen konfliktreichen Wochenend-Paar-Geschichten geht es hier recht harmonisch zu. Jede der Personen erzählt ihr Leben aus der Ich-Perspektive, so dass schnell deutlich wird, dass Vieles zwischen den Einzelnen ungesagt ist, trotz der engen Verbundenheit zueinander. Defizite, Ängste, aber auch positive Gefühle bleiben häufig unausgesprochen und so bahnen sie sich nun ihren Weg. Doch da sich die Vier trotz vielem Ungesagtem sehr zugetan sind, kommt es nicht zum grossen Knall.
Das Wochenende bleibt somit weitestgehend ereignislos und dient letztlich nur als Klammer, die durch kurze, wörtliche Reden beim Abendessen und Frühstück die Lebensgeschichten zusammenhält. Der Großteil des Buches handelt von der Vergangenheit und den Gedanken der Erzählenden, was zwar gut zu lesen, jedoch nur mäßig spannend ist. Die Autorin ist eine gute Beobachterin und hat einen Sinn für Details, die sie nuanciert beschreibt. Aber wie die meisten vor mir Lesenden finde ich, dass es ihr nicht gelingt, den jeweiligen Erzählenden einen eigenen Tonfall zu verleihen. Die zwanzigjährige Pega und ihr Vater sind so wenig voneinander zu unterscheiden wie der akkurate Max und der flippige Reik. Ich glaube, Frau Kühmel, da geht noch mehr.
#lesejahr2019 #deutscherbuchpreis #shortlist Japan in der deutschsprachigen Literatur wäre wohl mal eine germanistische Arbeit wert. Japanisches Denken scheint mir immer wieder präsent zu sein, so auch bei dem Roman von #mikusophiekühmel Die Kapitelüberschriften kommen als japanische Denkmuster daher, die Geschichte selbst handelt von einem schwulen Paar (eigentlich sind es 3 Männer), die in Beziehung zueinander stehen und deren gemeinsam aufgezogene Tochter. Ein Wochenende am See bringt die Brüche der Lebensgeschichten ans Licht, mit Gold werde sie von der Autorin zusammengeklebt ( #kintsugi ). Das ist glatt erzählt, gekonnt verwoben, man merkt den literarischen Lehrer, den Buchpreis 2019 würd ich dem Roman nicht geben.
Manches war mir zu viel, vieles war genau richtig. Gefühle, Gespräche, Freundschaften, Familie, Liebe. Insgesamt ein wirklich gutes Buch von einer Autorin, die gefühlt 830 Jahre alt sein muss.
3,5 Sterne Der Klappentext ist wirklich sehr schön geschrieben. Max, Dozent für Archäologie und Reik, ein erfolgreicher Künstler sind seit 20 Jahren liiert und gelten als Vorzeigepaar. Dennoch haben sie unterschiedliche Wünsche für die Zukunft. Bevor Reik „seinen“ Max traf, war er mit Tonio zusammen. Noch heute sind sie eng befreundet. Der talentierte Barpianist bekam mit einer seiner Affären eine Tochter, die ihm Lebenssinn stiftete. Es fällt ihm schwer, sie nun loszulassen. Paga, Tonios Tochter, wurde von diesen drei Männern aufgezogen. Ihre Mutter kennt sie nicht. Sie studiert aktuell, ist sehr begabt, aber auch unglücklich verliebt. Sie alle treffen sich in der Uckermark, um das 20 jährige Jubiläum des Zusammenseins von Max und Reik zu begehen... und werden gewahr, dass momentan einfach wenig zwischen ihnen stimmt und schon lang schwelende Dinge brechen auf.
Der Schreibstil ist sehr bildhaft und etwas verschnörkelt, legt Augenmerk auf Details und liest sich sehr ruhig. Die Personen und ihre Beziehungen durchleuchtet die Autorin tief und genau. Jede Person erhält ein eigenes Kapitel, in dem aus deren Perspektive erzählt und über sich und die anderen reflektiert wird. Das macht das Ganze natürlich sehr interessant, wie unterschiedlich doch die Wahrnehmungen sein können. Die Kapitel sind durch Dialoge zwischen den Vieren getrennt. Zudem gibt es eine „Einleitung“ und eine Nachschau. Dieser Aufbau gefiel mir ausnehmend gut.
Thematisch geht es nicht vorrangig um „Kintsugi“, also die Reparatur etwas Entzweigeratenem, sondern eher um das Gewahrwerden eines Bruches.
Leider brauchte ich sehr lange, um wirklich gefesselt und berührt zu werden. Ich langweilte mich anfangs und auch immer mal wieder, weil mir trotz allem das Gewisse Etwas, der Flow fehlte. Über Beziehungsprobleme, Ablöseproblematiken, Freundschaft und Liebeskummer liest man doch recht häufig, zudem mir manches Erzähltes recht belanglos erschien.
Dennoch, noch Tage nach der Lektüre hallte die Geschichte in mir nach. Die Figuren, besonders auch in ihrem Zusammenspiel, sind nämlich sehr eindrücklich und stark gezeichnet. Mir gefiel die Tiefe und das Facettenreichtum dieser speziellen und doch auch alltäglichen Charaktere, wobei Sie mich allerdings nicht in jeder Situation überzeugen konnten.
Fazit: Ein leiser, ernsthafter, psychologisch detaillierter Beziehungsroman mit interessanten Charakteren. Formal ist der Roman recht originell, weiß aber letztendlich wenig Neues zu zeigen. Daher vielleicht eher für etwas jugendlichere Leser geeignet.
Eine gute Freundin hat mir das Buch ausgeliehen und herzlichst empfohlen, also habe ich es gelesen.
Während sich viel Mühe bei der Konstruktion des Romans gegeben worden ist, wirkt es auf mich charakterlos, eben weil es so konstruiert bzw. so überzeichnet wirkt.
Die jeweiligen Charaktere schildern erschöpfend ihren Blick auf ihre Situation, ihre Vergangenheit und ihre Einschätzung der anderen - es wurde sich auch viel Mühe gegeben, für die verschiedenen Charaktere unterschiedliche Wissensstände zu simulieren. Trotzdem waren sie sich am Ende von Wortwahl, Erzählstil und Satzbau her so ähnlich, dass sie mehr oder weniger komplett austauschbar waren.
Wirkliche Konflikte oder Probleme wurden nur angeschnitten oder angeteasert, man war nicht wirklich bei der Charakterentwicklung von irgendeinem der Charaktere dabei. Beispiel: Charaktere 1 und 2 sehen durch ein Fenster, wie Charaktere 3 und 4 streiten - bei der Rückkehr von 1 und 2 teilen 3 und 4 das Ergebnis ihres Streitgesprächs mit. Gefühlt ist man als Leser immer zu spät dran, um einen wichtigen Moment im Leben von einem der Charaktere zu erwischen. Schade. Es gibt mMn nur einen Moment im Buch, der charakterformend war. Aber selbst der wird nicht wirklich konfrontiert, sondern einfach in zwei Sätzen auf der letzten Seite aufgelöst.
Auch ansonsten sind die Charaktere kritisch betrachtet ziemlich wischiwaschi und nicht trennscharf. In ihren Dialogen wirken sie auch nicht wie Leute, die ihre Vergangenheit so eng wie beschrieben verbracht haben, sondern eher wie Gelegenheitsbekanntschaften.
Außerdem habe ich mich öfter an einigen Satzformulierungen gestoßen - häufig waren Sätze übermäßig lang und komplex, teilweise haben die Sätze in sich auch keinen Sinn gemacht. Übergänge zwischen Erinnerungen oder der Wechsel zwischen Erinnerung und Jetzt war häufig nicht klar getrennt und ich musste ein Stück im Text zurückspringen, um den Teil zu verstehen. Oder sollte der Text einen Stream of mind darstellen? Ich bin da ehrlicherweise nicht der größte Fan von.
Ich habe auch nicht die Fixierung aller Charaktere auf Sex verstanden. Das fand ich teilweise echt störend, weil der beschriebene Sex mMn selten etwas zur Charakterentwicklung /-ausdifferenzierung beigetragen hat, sondern nur für mehr Edge drin war. Warummmn
Kintsugi - Die japanische Kunst Zerbrochenes mit goldenem Kleber wieder zu verbinden. Die Technik wird in diesem Buch nur metaphorisch erwähnt & auch nur am Rande. Denn erzählt wird die Geschichte von Reik & Max, die ihre schon 20 Jahre andauernde Liebe in ihrer Hütte an einem See in der Uckermark feiern wollen. Eingeladen haben sie dafür lediglich Tonio und seine Tochter Pega. Ein Archäologie, ein Künstler, ein Barpianist & eine Studentin. Alle vier Menschen bekommen in diesem Buch ihren Auftritt. Alle vier Menschen lernen wir kennen und dürfen ihren Gedanken folgen.
Gemeinsam verbringen wir mit den vier Freunden ein Wochenende. Max & Reik stecken beide in ihrer Beziehung fest. Nach außen hin glücklich und von allen beneidet, wollen beide sich weiterentwickeln. Jedoch in zwei unterschiedliche Richtungen. Tonio träumt von einer erneuten Partner- & Vaterschaft. Und Pega? Sie träumt von ihrer 1. großen Liebe. Andere Männer konnten ihr bisher nicht das geben, was sie woanders zu finden glaubt.
Es ist eine leise Erzählung, die jedem Charakter gegenügend Raum gibt sich zu entfalten. Miku Sophie Kühmel hat in ihrem Debüt einen sehr bildhaften Schreibstil verwendet. An manchen Stellen ein wenig schnörkelig, aber dennoch anregend und wunderbar zu lesen. Wer viel Handlung erwartet ist mit diesem Buch nicht gut beraten. Es verspricht dafür Weisheit und animiert den Leser dazu, die "eigenen Brüche" im Leben zu akzeptieren. Zwar kann man nicht alles mit goldenem Kleber kitten, aber man kann neue Wege gehen. Kühmel schafft es die Gedankenwelt ihrer Charaktere und ganz besonders von Reik & Max glaubhaft zu machen. Dabei geht sie sehr einfühlsam vor. Ich mochte die Erzählweise der Autorin sehr. Jedes Kapitel hat ein japanisches Wort zur Überschrift & endet mit einer Dialogszene Besonders Letzteres war ein gelungener Übergang zum nächsten Kapitel.
Kintsugi - 2019 war das Buch auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis - überzeugte mich in fast allen Facetten. Es ist ein leises Buch. Detailreich & psychologisch erzählt, aber an manchen Stellen etwas langatmig. Manchmal wollte die Autorin zu viel und spielte zu sehr mit der Sprache. Dennoch mag ich euch das Buch ans Herz legen. Denn trotz kleiner Unvollkommenheiten ist Kintsugi einfach eine außergewöhnliche, durchdachte und schön erzählte Geschichte.
Story: Um ihren 20. Jahrestag zu feiern, verbringen Max und Reik ein Wochenende in ihrem kleinen Häuschen an einem abgeschiedenen See. Nur ihr bester Freund Toni und dessen Tochter Pega, die so alt ist wie die Beziehung der beiden, sind zu diesem besonderen Tag eingeladen. Doch die Ruhe der Umgebung offenbart die teils leichten, teils tiefen Abgründe, die zwischen den unterschiedlichen Persönlichkeiten liegen und zwingt jeden einzelnen, sich mit lang schwelenden Dingen auseinander zu setzen, um für sich selbst einen Weg in die Zukunft festzulegen – auch wenn das bedeutet mit Dingen zu brechen, die einem eigentlich am Herzen liegen …
Eigene Meinung: „Kintsugi“ ist Miku Sophie Kühmels Debütroman und erschien im Sommer 2019 im Fischer Verlag. Das belletristische Werk wurde mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung 2019 und dem »aspekte«-Literaturpreis 2019 ausgezeichnet, zudem wurde der Roman für den Deutschen Buchpreis 2019 nominiert.
Die Geschichte spielt im Laufe eines Wochenendes und besteht aus vier Hauptkapiteln, in denen jeweils eine der vier Hauptfiguren zu Wort kommt. Als Leser lernt man die handelnden Personen nach und nach kennen, erhält Einblicke in ihre Vergangenheit, erfährt auf welche Art sie miteinander verbandelt sind und welche Gedanken und Gefühle sie beschäftigen. Dabei wird auch deutlich wie viele Probleme sie untereinander haben, dass sie nicht nur durch Liebe und Zuneigung miteinander verbunden sind, sondern auch Hass, Eifersucht und Missgunst unter der oberflächigen, heilen Welt gären, die Außenstehende zumeist nicht zu sehen bekommen. Viele dieser Probleme sind mehrere Jahre alt, wurden immer wieder unter den Teppich gekehrt und brechen sich an diesem einsamen Wochenende Bahn, machen die ein oder andere Aussprache unabwendbar, wenn nicht sogar eine komplette Neuausrichtung des festgefahrenen Kurses. „Kintsugi“ wartet mit keiner spektakulären Handlung auf, verblüfft weder mit spannenden, noch mit unerwarteten Wendungen. Stattdessen erwartet den Leser ein stilles, ehrliches Buch, bei dem die Geschichte zwischen den Zeilen zu finden ist, in den feinen Nuancen zwischen den verschiedenen Ansichten und Beziehungen. Es regt zum Nachdenken an, gleichwohl kann man sich auch einfach durch die Geschichte tragen lassen und die vier grundverschiedenen Persönlichkeiten Stück für Stück kennenlernen.
Miku Sophie Kühmel führt den Leser durch ein turbulentes Wochenende, legt schonungslos und ehrlich die Probleme der Figuren offen und lässt sie ihre komplexen Beziehungsprobleme erörtern und für sich passende Lösungen finden. Ihre Stärke sind die authentischen, stets nachvollziehbaren und lebendigen Figuren, mit denen man sich identifizieren und deren Probleme man wirklich gut verstehen kann. Man lernt nach und nach das feine Beziehungsgeflecht der Figuren untereinander kennen, hat die Möglichkeit die jeweiligen Charaktere stets neu zu entdecken und erhält ein sehr komplexes, gut umschriebenes Bild von Max, Reik, Toni und Pega. Hinter jedem verbirgt sich eine starke Persönlichkeit mit Stärken und Schwächen, Ecken und Kanten. Und für jeden bedeutet das Wochenende etwas anderes, denn sie alle befinden sich an einem Scheideweg, bei dem sie wichtige Entscheidungen zu treffen haben.
Stilistisch ist „Kintsugi“ unaufgeregt, klar und pointiert, sprachlich teils emotional, teils nüchtern verfasst – je nachdem welche Wirkung die Worte entfalten sollen. Die Autorin weiß mit Worten umzugehen; wie man die Gedanken und Gefühle der Figuren in Szene setzt, um diese zu beleuchten und dem Leser näher zu bringen. Dabei verzichtet sie fast vollständig auf Dialoge, lediglich am Anfang eines jeden Kapitels hat man eine Szene im theaterhaften Erzählstil. Diese Kapiteleinstiege sind Geschmackssache, denn so recht passen sie nicht zu den restlichen Beschreibungen, in denen die Autorin auf innere Monologe und die Beschreibungen der Gedanken und Gefühle der Figuren setzt und Gespräche nur am Rande vorkommen. Mitunter schießt sie dabei ein wenig übers Ziel hinaus, wird zu ausschweifend, so dass man fast den roten Faden verliert – zudem gibt es Szenen, die man lieber aus Sicht eines anderen Erzählers miterlebt hätte, anstatt diese nur aus der Ferne zu sehen und lediglich das Ergebnis präsentiert zu bekommen.
Fazit: „Kintsugi“ ist ein sprachlich gelungenes, sehr eindringlich geschriebenes Debüt, das durch komplexe Persönlichkeiten, vielschichtige Beziehungsgeflechte und eine berührende Geschichte besticht, die lange nachhallt. Miku Sophie Kühmel hat ein feines Gespür für das Zwischenmenschliche, weiß wie sie authentische, nachvollziehbare Figuren gestaltet und ohne viel Kitsch und Drama eine emotional berührende Geschichte erzählt. Wer lockerleichte Lektüre für Zwischendurch sucht, wird mit „Kintsugi“ wahrscheinlich nur bedingt glücklich – der Roman erfordert ein gewisses Maß an Konzentration, um die Zwischentöne zu erfassen. Wer damit kein Problem hat und auf der Suche nach einer anspruchsvollen, queeren Geschichte fernab des Mainstreams ist, sollte einen Blick riskieren – es lohnt sich.
Die Figurenkonstellation dieses Buches ist etwas sehr Erfrischendes: Ein gleichgeschlechtliches Männerpaar, ihr ebenfalls queerer Freund (und Ex-Partner des einen), der als Teenager Vater wurde, und seine erwachsene Tochter. Nur leider bleibt von dem Buch nicht mehr als die Figurenkonstellation, da es kaum Handlung oder Spannung gibt. Und während ich das Paar, Max und Reik, durchaus interessant fand, konnte ich mit Vater und Tochter und insbesondere ihrer Hälfte des Buches nichts anfangen.
Die vier Personen haben ja durchweg Potential, aber nicht in dieser Darstellung. Es wäre z.B. fesselnder, mitzuerleben, wie der Vater damals im jeweiligen Moment mit der Situation und Kindererziehung klar kam, als ständig zurückzublicken, während die Tochter als erwachsene Person kaum an Profil gewinnt bzw. nicht als Erwachsene, sondern immer noch als das Kind von damals betrachtet wird. Vielleicht wäre ein eigenes Buch über die beiden die bessere Idee gewesen. Ich hätte lieber die entscheidenen, aber weggelassenen Momente des Paares sowie Szenen aus dem Epilog gelesen und überhaupt, das Konzept über das Wochenende im Ferienhaus ist eine ziemlich nach hinten losgegangene Idee, wenn es mehr um Rückblicke als um gegenwärtige Konfrontationen geht.
"Kintsugi" klang so sehr nach einem Buch für mich, nach einem spannenden Kammerspiel mit vier Personen. Max, Reik, Tonio und Pega sind quasi eine Familie. Reik und Max seit 20 Jahren ein Traumpaar, haben Tonio geholfen, seine Tochter Pega großzuziehen. Alle vier fahren in ein Ferienhaus am See und plötzlich möchte jeder Sex mit jedem. Das scheint jedenfalls das vordergründige Thema zu sein, genauso wie "Schwanz" das häufigste Wort in diesem Buch. Ich störe mich an sowas nicht, wenn das Buch trotzdem spannend ist, die Charaktere interessant. Nichts davon war hier der Fall, ich habe mich viel gelangweilt und bin am Ende richtig wütend geworden. Dabei hätte das Buch durchaus interessant werden können: ein Paar, das an seiner Beziehung zweifelt, weil beide Partner doch unterschiedliche Dinge vom Leben wollen. Ein Mann, der verarbeiten muss, dass seine Tochter erwachsen wird und sich endlich in eine neue Beziehung wagt. Eine junge Frau, die versucht, ihren Platz im Leben zu finden. Doch all das blitzte nur kurz an der Oberfläche auf, alles blieb banal und zur Krönung phantasiert Tonios Tochter auch noch über eine Beziehung mit Max, der quasi ihr Ziehvater ist. Das hat das Buch endgültig für mich verdorben, all die guten Ansätze zerstört. Die zwei Sterne gibt es nur für den interessanten Aufbau und einige schöne Sätze.