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GRM: Brainfuck #2

RCE: #RemoteCodeExecution

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»Eine Pause im Irrsinn.
Noch eine Anstrengung, das Aussterben zu verhindern,
in einer seltsamen Entschlossenheit vereint.
Es ist der letzte Versuch.«

Sibylle Bergs neuer Roman setzt da an, wo »GRM« endet – in unserer neoliberalen Absurdität, in der der Einzelne machtlos scheint. Der Kapitalismus ist alternativlos geworden. Das beste aller Systeme hat wenigen zu absurdem Reichtum verholfen und sehr vielen ein menschenwürdiges Dasein genommen. Die Krise ist der Normalzustand, Ausbeutung heißt nicht mehr »Kolonialismus« sondern »Förderung strukturschwacher Länder«. Inflation, Seuchen, Kriege, Diktatoren, Naturkatastrophen, Müllberge. Und die Menschheit vereint nur noch in ihrer Todessehnsucht. Die Lage scheint ausweglos. Aber in einem abhörsicheren Container brennt noch Licht. Fünf Hacker programmieren die Weltrettung.

Manchmal gibt es diese historischen Momente, in denen Mauern eingerissen werden, Frauen studieren und wählen dürfen, Rassismus nur noch in einigen Köpfen existiert, Geschlechter keine Rolle mehr spielen, in denen verschwindet, was Menschen für hundert Jahre für ein Naturgesetz hielten.

695 pages, Hardcover

First published May 5, 2022

96 people are currently reading
709 people want to read

About the author

Sibylle Berg

56 books459 followers
Sibylle Berg was born at and spent her childhood in Weimar where she also worked as a puppeteer until moving to the West in 1984. She studied briefly at the Dimitri theatre school in Ticino and then had various jobs. She began to write, published her first articles and reportage, and was a columnist for the "Zeit-Magazin". Her first book appeared in 1997, and other novels and stories followed. "Helges Leben" was her first play. Sibylle Berg lives in Zurich.

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Community Reviews

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150 (34%)
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114 (25%)
2 stars
43 (9%)
1 star
9 (2%)
Displaying 1 - 30 of 45 reviews
Profile Image for Meike.
Author 1 book4,783 followers
May 7, 2022
I loved GRM: Brainfuck, the first part of the trilogy, but this second part isn't literature, it's a rant that often ventures into rather silly territory: The text's self-righteousness combined with its coquettish flirt with easy solutions (just smash everything) turns it into a travesty, but not of the entertaining, subversive kind. The plot happens totally in the background, the vast majority of the text consists of vignettes accusing late surveillance capitalism (many points very justified), and the storyline goes something like this: A group of friends takes on to destroy the forces that control the world (Musk, Thiel, Nazis, Amazon, German nobility, clergy, you name it) via the title-giving remote code execution, so by getting computer systems under their control.

The friends aim to do good, so for them, the end justifies the means: They start huge desinformation campaigns to rile up the masses. This could be an interesting set-up to discuss morality, but Berg doesn't do that, she plunges into her anger and outrage head first, reflected in many little scenes and on the curse-heavy language level. The whole story only starts at page 200 (from 700), and even then remains in the background. The whole effort is backed by a lot of research - between GRM and RCE, Berg also published a book about her research: Nerds retten die Welt. Gespräche mit denen, die es wissen.

In GRM, the revolution fails because the masses in post-Brexit Britain don't want to be saved based on what they know. Now, in a postapocalyptic turbo capitalist scenario, the knowledge of the masses all over the world has also been manipulated, but by the revolutionaries. This could all be very interested, if Berg would add more nuance, some character development (they are all cardboard-cutouts), some psychological coherence, more stringency. Most of the time, I was just bored - what a shame, I wanted to love this.
Profile Image for Alexandra .
936 reviews358 followers
July 4, 2022
Sibylle Berg hat also zu ihrer beißenden Dystopie GRM Brainfuck mit RCE einen zweiten Teil geschrieben. Die Geschichte ist aber noch nicht zu Ende erzählt, denn das Finale in Form von Roman Nummer drei ist schon in der Warteschlange.

Ein paar Sachen muss ich anlässlich meiner Buchkritik gleich voraussenden, denn die Umstände helfen, meine Bewertung besser zu verstehen. Ich habe GRM gar nicht gelesen, bin also bezüglich der Reihe sehr jungfräulich, deshalb war ich auch nie enttäuscht, weil ich beim Lesen von RCE automatisch Vergleiche zum Vorgängerroman angestellt habe. Ich habe aber jene Interviewsammlung von Sibylle Berg in Form eines Buches namens Nerds retten die Welt genossen, das sich als Nebenprodukt ihrer Recherche zu diesem Roman ergeben hat. Die Reportage kann ich bis auf die letzten drei bis vier Interviews wärmstens empfehlen.

Zudem fallen die Rahmenbedingungen des dystopischen Szenarios von Berg in mein universitäres Fachgebiet IT, Industrie 4.0, Digitalisierung, Bots, Social Scoring Systeme, Sensorüberwachung, Predictive Software, etc… . Als Wirtschaftsinformatikerin bin ich mit meinem Wissen und meiner akademischen Ausrichtung vollumfänglich angesprochen, denn auch Makroökonomie, Geldpolitik, Banken, Wirtschaft, Gesundheitsökonomie, Nachhaltigkeit und vieles mehr werden punktgenau und total schlüssig in der dystopischen Zukunft konzipiert. Das hat mich am meisten umgehauen und begeistert an diesem Roman, wie gut Berg recherchiert hat und wie großartig genau sie auf Basis Ihrer Ergebnisse der Gespräche mit Wissenschaftlern die dystopischen Zukunftsszenarien bis ins letzte Detail geplant hat. Das ist wirklich genial.

Zugegeben, literarisch und stilistisch ist der Roman absolut grenzwertig, ich kann jeden verstehen, der veritable Probleme damit hat. Da gibt es enorm viel und Verwirrung stiftendes Figurengewusel, die inflationär auftretenden handelnden Personen werden nicht ausführlich literarisch skizziert, sondern gemäß effizienter Informationstechnologie mit knappen Merkmalen in Schlagworten beschrieben, wie zum Beispiel: Vermögen (Platz in der Forbes Liste, geerbt aber nicht hoch, keines), Beruf, sexuelle Orientierung, politische Ausrichtung, Hobbys, Gefährderstatus, Aggressionslevel, Gesundheitsstatus, Stimmung und durch andere Faktoren, die eine Person ganz schnell für ein IT-System skizzieren und digital verarbeitbar machen. Durch diesen technokratischen Stilgriff geht sehr viel Tiefe in der Figurenentwicklung verloren. Zudem strukturiert Berg ihren Roman überhaupt nicht, es existieren keine Kapitel, keine Absätze die ganze Handlung ist ein einziger Bandwurm und Aneinanderreihung von Aktionen von sehr vielen Personen, die dann letztendlich schon eine Handlung in dieser dystopischen Zukunft ergeben, nämlich jene, dass eine Revolution vorbereitet wird.

Als Nerd, Geek, oder wie Ihr mich nennen wollt, bin ich dennoch schwer begeistert. Nämlich, wie detailgenau und konsistent diese dystopische Zukunft geplant ist. Da passen jede Technologie, jede Strategie, alle Player und auch der Weg, den diese Welt von der derzeitigen Situation in die Zukunft genommen hat. Das beschriebene Universum in seinen Zillionen Aspekten wurde mir nie langweilig.

Alle derzeitigen schlechten Auswirkungen des Turbokapitalismus, der ökologischen Krise und des Klimawandels, der Digitalisierung, der Demokratiekrise, der fatalen Zustände im Gesundheitswesen und der Wirtschaft haben sich fortgeschrieben, verschärft und für die neunzig Prozent, der nicht reichen Bevölkerung zu einem Alptraum entwickelt. Es gibt kaum mehr Arbeit außer im IT-Bereich, Europas Städte sind verödet, viele Leute leben auf der Straße, denn die Wohnungen wurden von reichen Immobilenspekulanten enteignet und entmietet, der verbleibende dürftige Mittelstand gibt sich klimafreundlich, hungert und friert in den letzten gemieteten Miniwohnungen, respektive Löchern, für den Planeten. Alles Vermögen ist weltweit auf ein paar Firmen und Superreiche konzentriert, die die Politiker schmieren und sich alle Gesetze gekauft haben.

Die Oberschicht in ihren vielen gesammelten Luxusdomizilen kümmert der Planet überhaupt nicht, sie schwelgen in Luxus und sie wollen nur noch mehr Geld scheffeln. Gesetze und Menschlichkeit gelten für die Upper-Class nicht, Korruption und der Bruch der letzten legalen Normen sind an der Tagesordnung, weil sie es können. Asozial anstatt Geiz ist das neue Geil.

Die Mittel- und Unterschicht vegetiert dahin, auch die Gesundheitsversorgung wurde mittlerweile dem Kapitalismus geopfert, die armen Leute sterben wieder an kleinen Krankheiten wie im Mittelalter wie die Fliegen, weil sie es nicht wert sind, versorgt zu werden. Die Lüge der Selbstoptimierung der Mittelschicht hat ihren Höhepunkt erreicht, wer krank wird, sei es durch Umwelt oder andere Einflüsse ist selbst schuld. Die Lebenserwartung ist massiv gesunken, aber das ist ja gut so, dadurch hat sich die Weltbevölkerung drastisch reduziert, was dem Planeten eine kleine Verschnaufpause verschafft und den Reichen noch mehr Geld in die Kassen spült. Die permanente Krise als Gelddruckmaschine für die oberen Zehntausend.

"Der graue Himmel, die Autokolonnen, die überfüllten Krankenhäuser, die Verblödung der Menschen durch unbrauchbar gemachte Gehirne, die Bereitschaft aller, einander zu töten, sofort. Das waren die Verdienste der Rüdigers, die mit jedem Arbeitstag damit beschäftigt sind, das Aussterben aller Lebewesen zu erreichen, und denken, sie wären nicht mitgemeint."

China und ein paar andere Länder haben mit autokratischen Regimes auf die Umweltbedingungen reagiert, diese Länder werden aber nur am Rande erwähnt und nicht genauer betrachtet. Auch in Europa und den USA bestimmen quasi nur noch Oligarchen das Geschehen, die sich unter dem Deckmantel einer völlig ausgehöhlten Demokratie, Medienmanipulation und gekauften Politikern alles leisten können. Afrika ist mittlerweile wahrscheinlich völlig entvölkert, aber das kümmert nicht mal die Unterschicht in Europa, denn das ist so weit weg. Währenddessen werden die Massen mit populistischen und rechtsradikalen Parteien, Aufforderung zur gegenseitigen Denunziation und durch die Bildung von Feindbildern und Medienmanipulation abgelenkt.

So wird in jedem Aspekt mit vielen Figuren, die im Stakkato wechseln, das Szenario dieser apokalyptischen Zukunft in der westlichen Hemisphäre gestaltet. Nach und nach kristallisieren sich aus diesem Menschengewusel die Protagonisten heraus, nämlich jene Gruppe von jungen Leuten, die schon in GRM eine Revolution geplant haben, die gescheitert ist. Nun wagen sie einen neuen Anlauf, versuchen aber, in die Planung des neuen Umsturzes auch die menschlichen psychologischen Faktoren einzubauen, deren mangelnde Berücksichtigung ihr letztes Vorhaben zum Scheitern verurteilte. Minutiös und unter sehr gefinkelten Sicherheitsvorkehrungen wird eine große Medienmanipulation geplant, sehr kreativ das Geld von den Reichen für das Vorhaben abgezweigt und noch viele andere Faktoren berücksichtigt. Die jungen Menschen wenden das System der Reichen und der Firmen gegen sich selbst. Das wurde logisch so durchdacht, dass es eine Freunde ist und stimmt mich auch optimistisch, dass diese zukünftige Welt trotz aller Probleme noch nicht verloren ist. Wie die Geschichte nach dem Zusammenbruch des Systems weitergeht, wird dann wohl der dritte Band verraten. Denn die Revolution endet ja nicht mit der Entmachtung der Mächtigen, sondern mit dem Aufbau einer neuen Gesellschaft. Ich bin gespannt.

Fazit: Der Roman verstößt literarisch gleichzeitig gegen so viele Regeln, dass er recht weit weg von handwerklich gut gemacht ist. Die Ausgestaltung von Bergs Universum ist aber durch seine grandiose Konzeption und Detailverliebtheit traumhaft gelungen, in einer Qualität wie ich es vorher bis auf Tad Williams virtuelle Otherland-Welten noch nie gelesen habe. Dadurch kommt RCE aber extrem spröde und technokratisch rüber. Fragt sich halt, ob man über die schriftstellerischen Schwächen hinwegkommen kann. Ich habe die Geschichte sehr genossen, gebe aber meine Lese-Empfehlung eher für Nerds ab.
Profile Image for Alexander Carmele.
461 reviews362 followers
June 11, 2022
Ratlos durch Europa – ein dadaistisches Polit-Potpourri
Ausführlicher und vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2022/...

Nimmt man das pinkgebundene Buch zur Hand, so zählt Sibylle Bergs Konvolut mit Anhang knapp 700 Seiten und wiegt erstaunlicherweise auch noch 700 Gramm. Zudem wurde der Text in 35 unterschiedlich lange Abschnitte unterteilt, die zu einem bestimmten Ereignis hinführen. Das Ereignis liegt am Anfang des Buches 2 Jahre und 7 Monate in der Zukunft. Am Ende des Buches befindet es sich im vollen Gange. Bis dahin rechnet Berg wortgewandt mit der westlichen Kultur ab.

„Da tobten sie [die Körper], töteten einander, schnitten sich Babys aus dem Bauch, betrogen und bestahlen sich, pissten auf die Straßen, durch die sie grölend liefen, hockten in ihren mit Nippes vollgestopften Wohnlöchern. Sie schissen bei offener Klotür und schlugen einander, schlugen ihre Kinder, schlugen sich, und sie hatten so wenig Sinn für Kunst und das Schöne.“

Berg lässt kein gutes Haar an der Gegenwart. Gleich einem barocken Gemälde à la Hieronymus Bosch vom Höllenpfuhl zeichnet sie eine Welt voller Fehler, Ungerechtigkeit, Hässlichkeit, an deren Zustand vor allem die Finanzbranche Schuld trägt. Sie nimmt kein Blatt vor dem Mund und hält nicht hinter dem Berg. Jeder Abschnitt ist unterteilt in kleinere Kapitel, in denen jeweils aus der Sicht einer steckbriefartig kurz vorgestellten Figur vom Geschehen erzählt wird:

„Hans-Ulrich, Gesundheitsstatus: Bluthochdruck, Religion: alter Mann, Hobbys: Waffen, Sex: Waffen, Liebstes Reiseland: USA, der in Luxemburg eine Stunde harte Übungen mit seinem Personal Trainer hinter sich hatte. Er war sechzig und sah aus wie neunundfünfzig. Wie jeden Tag bedauerte er, dass der kurze Weg ins Büro den Einsatz des Firmenhelikopters nicht rechtfertigte.“

Berg bedient sich einer hybriden Erzählform. Sie erzählt nicht rein auktorial und auch nicht rein personal. Sie mikromanagt ihren Text nach Belieben, unterbricht, kommentiert, springt und hält sich nicht lange mit Details auf. Es geht ihr ums große Ganze, nie ums mikrologische Verständnis einzelner Handlungsabfolge. Im großen Abwasch geht es mit allen Mittel der Kunst dem System an den Kragen. Hierbei mischen sich Zeiten, Beobachtungsebenen zu einer lose gekoppelten Form, dass man nicht mehr zwischen Druckfehlern, Anschlusslogiken und gewollten Stilmitteln zu unterscheiden vermag, wie im Textabschnitt „Immer noch 6 Monate vor dem Ereignis“, wenn Berg schreibt:

„Die Eliteeinheit AAD-10, die Marines des kleinen Landes, saß in einem Bunker und spielte Karten. Sie warteten seit Jahrzehnten auf einen Einsatz. Die Eliteeinheit AAD-10, die Marines des kleinen Landes, saß in einem Bunker und spielte Karten. Sie warteten seit Jahrzehnten auf einen Einsatz.“

Ob die Dopplung gewollt oder schlicht ein Copy&Paste-Fehler, also ein Fehler im System ist, lässt sich nicht erraten bei einem Text, der sich alle Freiheiten des Schreibens herausnimmt, ohne auf jedwede innere Konsistenz oder Handlungsbögen zu achten. Denn im Grunde gibt es keinen Plot. 5 Nerds retten via Cyber-Hacking die Menschheit. Ihre Namen lauten Ben, Kemal, Maggy, Pavel (Pjotr) und Rachel. Für sich genommen, im multi-perspektivischen Spektakel besitzt die Idee das Potential zu einem Technologie-Thriller à la Dirk Rossmann und seiner Oktopus-Saga rundum Quantencomputer und künstliche Intelligenz. Nur spielen Plot, Figuren und Glaubwürdigkeit bei Berg keine Rolle. Mit ihr landet man direkt in der Ära der Postnarration. Dass etwas nämlich nicht stimmt, liegt auf der Hand, und so lässt Sibylle Berg Franck Ribéry, Zinédine Zidane und Catherine Deneuve Folgendes in einer öffentlichen Ansprache während des Ereignisses sagen:

„Jetzt ist unser Moment des friedlichen Wechsels gekommen. Wir werden die Krisen beenden. Versuchen den Kollaps der Natur zu stoppen, wir werden gemeinsam herausfinden, ob der Kapitalismus wirklich alternativlos ist. Oder ob es etwas Neues geben kann. Ein Europa, ein Land, Städte, die Platz für jeden haben, mit Mieten, die wir zahlen können, Luft, die man atmen kann, mit Arbeit, die nicht Ausbeutung ist, und einer Zukunft, die nicht nur Wachstum für wenige bedeutet, sondern Wohlstand und Entspannung für alle.“

Wem das wie ein politisches Programm vorkommt, liegt vielleicht nicht so falsch. Dadaistisch kondensiert Berg aktuelle Diskurse zu einem ellenlangen Pamphlet, in welchem kaum etwas geschieht, aber vieles angeklagt wird. Es handelt sich im Grunde um einen Performance-Akt, eine Art Sprechstück, verwandt zu Peter Handkes „Publikumsbeschimpfung“. Der Text steht für sich als Injektion, Einwurf und Wortmeldung zum Unausstehbaren, Nervenden und Allseits-Bedrohenden, d.h. Berg schreibt sich beherzt den Frust von der Seele, und dies ohne Allüren. Weder musikalisiert sie die Rhapsodie wie bspw. Thomas Bernhard in „Der Untergeher“, noch gibt sie sich Mühe mit detaillierter Abscheu wie Elfriede Jelinek in „Gier“ oder „Kinder der Toten“, noch zelebriert sie ihre Wut wie Valerie Solanas in ihrem SCUM-Manifest. Bergs neuer Roman „RCE“ dümpelt lediglich forminvariant vor sich hin und endet in einer unverbindlichen Zukunftsprognose, die manche erhoffen, andere befürchten mögen, über die sich manche lustig machen, andere aber als Alternative anpreisen. Jedem/jeder also das Seine/Ihre. Das war’s aber auch schon.
Profile Image for Armin Klica.
138 reviews26 followers
December 23, 2022
„Alles, was Marcel wusste, hat er von Marx und Baron Rees-Moog gelernt.
Die Welt hat eine Ordnung, und die hieß: Es gab die Reichen und den Rest, der sich verkaufen muss, um die Produkte jener mit Kapital genießen zu können.“

Während GRM eine dystopische Gegenwart darstellt, spielt im zweiten Teil der Trilogie RCE die Handlung in der Zukunft ab. Und ich kann es kaum abwarten den dritten Teil zu lesen!

In einem verlassenen Bergdorf in Tessin befindet sich die Hackergruppe. Pjotr, Rachel, Kemal, Ben und Maggy wollen die Menschheit retten. Denn die Menschheit hat lange genug an Kapitalismus gelitten und jetzt muss ein neues System her. Die Idee ist mit #RemoteCodeExecution das System von überall hacken und ausschalten zu können.
„Das System bedeutet: Wenn der Glaube an das Finanzsystem zerstört ist, folgt daraus eine Katastrophe. Bürgerkriege, Inflation, keine Ahnung.“
Im Kapitalismus ist es die Minderheit der Superreichen, die die Mehrheit beherrscht.

Sibylle Berg hat wieder mal ordentliche Arbeit geleistet. Genau wie der Kapitalismus. Sehr pointiert und mit genau recherchierten Fakten, versucht Berg die dystopische Zukunftsszenarien zu beschreiben. Vielleicht ist es an der Zeit ein neues System zu schaffen. Auch wenn ich ehrlich zugeben muss, dass ich gar keine Ahnung habe, wie eigentlich diese Quantencomputer, Banken, Geldpolitik, IT, … funktionieren und zusammenhängen, hatte ich durch diesen Roman den Eindruck gehabt das System bisschen verstanden zu haben. Dennoch waren es viele Fakten und Begriffe - die zum Glück im Glossar hinten im Buch zu finden sind -, die ich selbst nachschauen musste und auch, wer all diese Nerds eigentlich sind. Im GRM haben mich die Absätze und Unterbrüche anfangs verwirrt und meinen Lesefluss gestört, den ich aber am Ende sehr mochte. Im zweiten Teil hatte ich die Impression es weniger gehabt zu haben, aber deswegen viel mehr zu lachen. Ich liebe diese Weltuntergangsgeschichte, die mir so real erscheint, dass die Prognosen schon in den nächsten Tagen wahr werden könnten. Ich liebe dieses Buch! Es waren keine Seiten zu viel oder zu wenig. Die Story geht an sich erst nach ca. 200 Seiten so richtig los, liebte ich trotzdem die „zu viele“ Seiten.

„Man könnte fast meinen, wenn man alle heterosexuellen Männer eines gewissen Altersspektrums auf den Mars auslagern würde, mit all ihren Aktivitäten, könnte man den Planeten unter Umständen retten, denn bis Frauen oder queere Menschen sich die gleichen Vernichtungstools angeeignet hätten, würden ein paar Jahre vergehen. Und dann würden sie wieder anfangen, sich zu bestehen, zu belügen und zu hassen.“
Profile Image for uk.
215 reviews31 followers
January 19, 2025
Das Glas

Frau A.: ‚Es ist halb voll.‘
Herr Z.: ‚Nein, halb leer!‘
Frau B.: ‚Welches Glas?‘

Bienensolangeesdienochhatfleißig
hat sie gesammelt, die Frau Berg.
Gründlichst Recherchiertes zusammengetragen aus Kunst, Kultur, Wirt- und Gesellschaft, Poli- und Informatik, Sozio-, Anthropo-, Ethno- und Psychologie – u name it.
Respekt und Dank hierfür.
Alles zusammengebunden zu einem atemlosen, woken Rant.
Der keine Gefangenen macht.
Doch mäandert.
Und schließlich zerfließt.
Zu einem Märchen von den spätpubertären tapferen Schneiderlein einer globalen Tech-Revolution –

Echt jetzt, oder?
Profile Image for Bianca Sandale.
556 reviews20 followers
May 16, 2022
In einem durchlesen geht gar nicht. Es ist viel zu viel, aber ich denke, es geht gar nicht mal vorrangig um die Geschichte, sondern vielmehr darum aufzuzeigen, was alles wirklich falsch läuft und so funktioniert, obwohl wir es nicht wahrhaben wollen.
Sie streut Salz auf stellen, wo es mehr weh tun sollte, als es tut und drückt auch noch den Finger drauf.
Profile Image for Julien Dopp.
67 reviews5 followers
June 11, 2022
Auch der zweite Teil von Sibylle Bergs "Brainfuck"-Trilogie ist genau das: ein furioser, radikaler, böser, zynischer und augenöffnender Brainfuck. RCE ist Anklage und Wutschrift zugleich und setzt genau da an, wo GRM aufhört, nach dem Scheitern einer Revolution. Ein cleverer Kniff ist es, die vier Hauptfiguren aus GRM hier als Nebenfiguren wieder auftreten zu lassen und die Hacker-Nebenfiguren aus Teil 1 hier zu den Hauptfiguren zu machen.

Das Buch beschreibt einen erneuten Anlauf, dieses Mal durchgeführt von vier Hacker*innen, die Welt von der Ungerechtigkeit des Kapitalismus, den Banken und den Eliten zu befreien. Wie schon im ersten Teil gibt es hier ein gigantisches Kaleidoskop an Figuren und Nebensträngen, wobei diesmal der Fokus auf den Protagonist*innen des Kapitalismus liegen: von reichen Nazierbinnen bis hin zu Bänkern, Wirtschaftsbossen und Geheimdienstarbeiter*innen. Sie alle werden von Sybille Berg literarisch nieder gemäht! Und das auf unglaublich unterhaltsame, aber auch oft verstörende Weise. Niemand, absolut niemand, kommt in diesem Buch gut weg und dadurch ist RCE eine durchaus konsequent gedachte Fortführung von GRM.

Ersterem habe ich hier fünf Sterne gegeben. Diesmal sind es vier. Denn dadurch, dass den Verursacher*innen der sozialen Ungleichheit und Missstände durch diverse Figuren viel Platz eingeräumt wird, geraten die eigentlichen Hauptfiguren etwas in den Hintergrund, bzw. haben in der charakterlichen Beschreibung etwas weniger Tiefe als das bei den Hauptfiguren in GRM der Fall war. Dazu kommt, dass gerade im Mittelteil seitenlange Passagen technischer Prozesse im Bereich des Hacker- und Wirtschafts- und Computermilieu den Lesefluss etwas mehr bremsen als im Vorgängerroman. Dankenswerterweise gibt es ein Glossar mit Begriffserklärungen, aber natürlich bremst das ständige nach hinten blättern müssen auch den Lesefluss. Allerdings zeigt sich gerade hier das enorme Pensum an Recherche, das Sybille Berg betrieben haben muss.

Dies sind aber wirklich nur Kleinigkeiten und als Erklärung gedacht, warum es dieses Mal "nur" vier Sterne geworden sind. Es bleibt ein atemberaubend furioser Roman, in einer Boshaftigkeit und radikaler Courage geschrieben, wie man sie auf dem derzeitigen literarischen Markt wohl kaum woanders findet als bei Sybille Berg und ihrer Brainfuck-Trilogie. Auf Teil 3 bin ich sehr gespannt, denn so viel sei gesagt: das Finale dieses 700 Seiten Kloppers ist nichts weniger als ein im besten Sinne krawalliges Feuerwerk, dass den Lesenden rabiat und bombastisch um die Ohren fliegt.

Leseempfehlung? Zu 200 Prozent!
Profile Image for Kaoru.
430 reviews3 followers
May 24, 2022
So vollständig zünden mag er nicht, der Nachfolger zu "GRM". Erfrischend (oder auch: erleichternd?) ist es schon wie "RCE" in die entgegengesetzte Richtung läuft. Die Message ist hier: 'Schau mal! Man kann doch was machen gegen diesen dystopischen Gruselkapitalismus! Und wenn schon Desinformationskampagnen, warum sie nicht mal für was Sinnvolles einsetzen?' Ist schon nett, nach einem Extremdowner wie "GRM" einer war. Aber während eben jenes Buch mit dem graduellen Abgleiten in eine libertäre Alptraumgesellschaft eine spiralige Sogwirkung hatte ("Wie schlimm kann das jetzt noch werden? Oh Gott, NOCH schlimmer?!") schafft es der Long Game-Plan der Freunde alles zum Guten zu wenden nie mich recht zu kitzeln. Woran genau es liegt kann ich nur schwer sagen. Sind es die Längen die sich hier und da einschleichen? Die Seiten die mich "Habe ich so eine ähnliche Passage nicht schon mal 100 Seiten zuvor gelesen?" fragen lassen? Dass Freia einem Fiesling wie Thome nicht so recht das Wasser reichen kann? Oder ist man als Mensch einfach nur so sehr dem Negativen zugetragen dass man Positives irgendwie "lahm" und "uninteressant" findet? Vielleicht ist es aber auch einfach nur schwer auf ein Buch wie "GRM" das den Leser mit voller Wucht umhaut ein ebenbürtiges folgen zu lassen. Vielleicht wäre ein Buch mit 500 Seiten (statt knapp 700) einfach stärker gewesen.

Dennoch, die letzten 50 Seiten machen so manche Schwächen wett. Und die Falltüren durch die Berg ihre Sätze schickt machen immer wieder
Freude.
Das Gleiche gilt für den giftigen Humor bei dem einem das Hals im Lachen stecken bleibt. Oder auch nicht. Kommt darauf an wie dunkel dein Humor ist.
Profile Image for teilzeitphilosophin.
33 reviews1 follower
May 23, 2022
Uff. Einerseits genial geschrieben, andererseits verliert sich das 700-Seiten starke Werk in Beschreibungen und Aufzählungen und endet ein wenig diffus.
Profile Image for Havers.
889 reviews21 followers
May 31, 2022
Sibylle Berg ist wütend. Und sie macht ihrem Ärger Luft. Das wissen alle, die #GRM Brainfuck gelesen haben oder ihre Kolumnen im Spiegel kennen. Ich schätze ihre Kolummnen, ihren entlarvenden Blick auf unsere gesellschaftliche Realität und den Zustand der Welt. Manchen mögen sie übertrieben vorkommen, zu pessimistisch sein, aber wenn man genau hinschaut, kann man ihnen weder den Wahrheitsgehalt noch die Relevanz absprechen.

Und auch ihr neuer Roman „RCE #RemoteCodeExecution“ ist, wie bereits der Vorgänger „GRM. Brainfuck“ eine weitergedachte Gegenwartsanalyse, ein realistisches Szenario, das aufrütteln soll, denn mittlerweile sind einige Jahre vergangen, und der Zustand der Welt hat sich weiter verschlechtert. Der Neo-Kapitalismus trägt deutlich feudalistische Züge. Mittelschicht? Verarmt. Privater Grundbesitz? Nicht für „normale“ Menschen. Der Alltag? Deprimierend. Klimawandel, verödete Städte, Digitalisierung, umfassende Überwachung, die Politik hat ihren Einfluss verloren. Geld regiert die Welt und mit ihnen die Banken, Tech-Riesen, Großkonzerne und Oligarchen.

Kurzer Einschub mit Blick auf unsere reale Gegenwart: 2020 zeigt die Auswirkungen der Pandemie und die Richtung, in die die Entwicklung geht. Es gibt eine Schätzung der Weltbank, nach der dadurch mehr als 100 Millionen Menschen zusätzlich durch den Einbruch der Wirtschaft, Arbeitslosigkeit etc. absolut verarmt sind, während die ca. 2.700 Milliardäre weltweit ihr Vermögen um 60 Prozent gesteigert haben. Und durch den aktuellen Krieg wird es mit Sicherheit noch einmal einen größeren Zuwachs erfahren.

Ist eine Kehrtwende noch möglich? Zumindest versuchen wollen sie es, eine Gruppe von vernetzten IT-Nerds, die die Digitalisierung für ihre Zwecke nutzen wollen und vom Tessin aus weltweit Brigaden rekrutieren. Mit ferngesteuerten Zugriffen wollen sie in die Systeme der Herrschenden eindringen, den Stecker ziehen und einen Neustart erzwingen. Möge es gelingen.

Ist das fiktional? Eine Dystopie? Könnte man annehmen, aber das greift viel zu kurz. Es ist weit mehr als das. Frau Berg hat umfassend recherchiert, erschlägt den Leser fast schon mit den Fakten, die sie zutage gefördert hat und hier verarbeitet. Aber wenn man über den eigenen Tellerrand schaut, genauer hinsieht, weiterdenkt, scheint das Szenario, das sie hier kreiert, absolut realistisch und glaubwürdig. Eine Brandrede, die aufrütteln soll. Eine klug analysierende Bestandsaufnahme. Und gleichzeitig ein deprimierender Ausblick auf Veränderungen, die es zu verhindern gilt. Lesen!
Profile Image for Pascal.
304 reviews50 followers
February 19, 2023
Wie beim Vorgänger respektiere ich die Hingabe, so gnadenlos kleinteilig und oft unnachgiebig pessimistisch zu sein. RCE betreibt unerträglich viel Aufbau zu einem seit Beginn des Romans angekündigten „Ereignis“. Die 600 Seiten auf dem Weg zu diesem Finale bersten vor anekdotischen Fakten, dass auch der Kopf nur so platzt.

Arme Menschen und reiche Menschen im absurden Alltag des Spätkapitalismus. Zynische Erörterungen politischer, ökonomischer, technologischer (…) Fakten. Jede einzelne Passage für sich ist stilistisch und inhaltlich großartig! Doch die schiere Dichte an Informationen ist so hoch, dass am Ende kaum etwas hängenbleibt als der verschwommene Eindruck: „We are f****d“ — was ja an sich eine valide Message ist.

Und RCE wählt einen kunstvollen und aufwendigen Weg, diese Botschaft tausendfach zu verankern. Trotzdem ist es unbefriedigend, Seiten zu lesen, deren genauer Inhalt fünf Minuten später restlos im Nebel verschwimmt. Ich habe selten ein Buch gelesen, das auf der Makroebene so spannend und auf der Mikroebene so zäh ist – außer eben den Vorgänger. Dieser hatte aber den Vorteil, frisch und unverbraucht zu sein. RCE hingegen ist in vielerlei Hinsicht — ohne es despektierlich zu meinen — dasselbe Buch nochmal.

Theoretisch hat der Vorgänger bereits eine ausreichende Basis geschaffen, auf der RCE sich nun vollends auf die Ausführung seiner Revolutionsgeschichte hätte konzentrieren können. Ohne dabei nochmal zu schildern, welch absurdes Leben einzelne Milliardäre in ihren Züricher Residenzen führen.

Der rote Faden scheint alle paar Seiten kurz durch und macht alle paar dutzend Seiten den nächsten größeren Schritt. Das ist zu selten, um über 700 Seiten zu tragen. In seiner Detailverliebtheit zeigt RCE aber zumindest äußerst anschaulich, wie Technologie, die uns unterdrückt, eingesetzt werden kann, um uns zu befreien.
Profile Image for Annschi.
96 reviews1 follower
July 7, 2022
Hat mich in der ausufernden Ausführlichkeit ein bisschen an das "ministry for the future" erinnert. Einfach mit einer viel pessimistischeren Weltsicht.
Profile Image for Anke.
51 reviews
June 13, 2024
Hmm.

Nachdem ich den ersten Teil - GRM: Brainfuck - gefeiert hab wie sonst was (und es immernoch tue, hihi), hab ich mich sehr auf den zweiten, diesen, Teil gefreut. Zugegeben, der Start war wieder grandios, im Vergleich zu GRM nahm die Handlung meiner Meinung nach aber dann kaum an Fahrt auf, denn:

Wo GRM mit Ranz und Rotzigkeit brillierte, wird RCE (mMn) durch Glattheit und Geradlinigkeit versaut.

Klar, diesmal geht es um den zweiten Revolutionsversuch der Nerds, die diesmal im Fokus stehen und deren Handeln vor allem online stattfindet. Gläserner Mensch diesdas, aber Dreck am Stecken, you know. Unterstützt von zwei alten Bekannten aus GRM. Ausgerechnet diese beiden. Darüber hab ich mich echt gefreut. Coole Ergänzung zum Team der Nerds.

Soweit, so gut, aber:
- man merkt, dass hier die Erstauflage vorliegt. Fehlende Kommata (unabhängig von dem hier und da wilden Einsatz von Gedankenstrichen und Punkten), Adriana heißt zwei Seiten später und ab dann dauerhaft Ariana, es gibt einen Absatz, der aus der zweifachen Abfolge der selben drei Sätze besteht und dazu gibt es schier endlose Monologe aufgrund fehlender Ausführungszeichen. Hier und da nen Typo (gab es auch) kann ich verkraften, nobody’s perfect - aber noch nie ist mir die Rawness einer Erstausgabe deutlicher als bei RCE aufgefallen. Hat bei mir leider eher für Unbehagen gesorgt. Passte vielleicht auch nicht ins glatte Bild der Online-Welt.
- WARUM SEITENWEISE HINTERGRUNDGESCHICHTEN ZU IRGENDWELCHEN UNTERNEHMEN UND WELCHER SCHLIPSER MAL EINEM ANDEREN DIE HAND GESCHÜTTELT HAT? Ich erinner mich an teilweise 20 Seiten nonstop Zahlen, Namen, Banken etc. Gut zu wissen, klar, Hausaufgaben mit Bravour gemacht, allerdings unendlich trockene Kost. Hat für mich nicht nur Wind aus dem Segel der Handlung genommen, sondern auch dafür gesorgt, dass mir irgendwann das Ende fast schon egal geworden ist, weil ich mir die ganzen Daten bis dahin eh nicht merken konnte. Die dann auch ohnehin irrelevant waren. Zäher Nichthandlungsbrei, der mir die Lektüre sehr unschmackhaft gemacht hat. Super schade, weil der gesamte Plot ein sehr spannendes Gedankenexperiment darstellt.

Nichtsdestotrotz bin ich gespannt auf das zugehörige Theaterstück im Berliner Ensemble sowie auf Teil 3. Ich verbuche Teil 2 als temporären Hänger, bzw Luftholen zu einem erneuten Dreck-Feuerwerk im Trilogie-Finale. Aller guten Dinge und so.

Aber erstmal wird getanzt! 👯👯‍♀️👯‍♂️🪩
Danke, Bylle! Danke, Hans-Peter Rudi! 🤜🏼🤛🏼
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for Kevin Leja.
22 reviews
September 8, 2024
In diesem Buch wird eine extrem gute neoliberale Dystopie beschrieben, die stark in der heutigen Realität verankert ist und das ganze nur noch ein bisschen mehr auf die Spitze treiben, da mal mehr und da mal weniger aber vor allem im Rahmen des Vorstellbaren - vor allem weil sie auch tatsächliche historische Geschehnisse und Firmennamen benennt. Und diese dystopie wird sehr wütend geschrieben, ich liebe es mit was für einem Gefühl, was für einer Wut, stellenweise Abscheu, was für einer Genetvtheit auf die derzeitige Entwicklung der Ideologie des Neoliberalismus geblickt wird.
Ganz ganz wundervoll.
Ich habe beim Lesen gemerkt, dass es -wie schon bei GRM - meine Stimmung im Alltag sehr stark beeinflusst hat. Für mich als Depressiven war das schlecht, aber es ruft die richtigen Emotionen und eine Fassungslosigkeit auf. Wundervoll.
Profile Image for Tanja Schöttl.
156 reviews
May 10, 2025
Ich breche selten Bücher ab, aber es das Lesen ist hier echt eine Qual...
Profile Image for Rakkasei.
147 reviews10 followers
June 10, 2023

Das erste fünftel vom Buch hatte ich als ebook gelesen, ehe ich auf das Hörbuch umgestiegen war. Und genau diese Entscheidung bereue ich zu keiner Sekunde. Um die Handlung verstehen zu können muss man den ersten Teil der Trilogie „GRM“ nicht gelesen haben. Zeitlich gesehen spielt das alles einige Zeit nach dem ersten Teil, jedoch wird alles relevante darüber im Laufe der Handlung erwähnt.

Einige Male hatte ich herzlich gelacht, obwohl die Beschreibungen alles andere als witzig waren. Diese zynische und schwarze trifft nun einmal exakt meinen Humor, weshalb ich gerne zu dieser Art von Literatur greife. Berg hält der Gesellschaft fortlaufend während der Handlung den Spiegel vor und zeigt knallhart, wohin der Kapitalismus uns alle führen kann.

Vor allem die Schattenseiten der heutigen Konsumgesellschaft spielen eine Rolle und die Autorin lässt definitiv kein gutes Haar an dieser. Die Beschreibung sind erschreckend und rütteln einen wach. Sie schafft es zielsicher, pointiert und treffsicher diese zu formulieren. Das ist auch mit einer der Gründe warum ich Wochen für diese Rezension gebraucht habe, denn mir fiel es unglaublich schwer die passenden Worte für meinen Leseeindruck zu finden. Mir hat die Gesellschaftskritik definitiv gut gefallen. Immer wieder ging es darum, dass Algorithmen diktieren was man mag. Und auch die Themen Festung Europa und Klimaflüchtlinge spielen eine große Rolle. Also alles Sachen, die momentan ständig diskutiert werden.

Die geschilderten Vorkommnisse sind schon sehr nah dran an dem was in unserer westlichen Welt passiert. Vieles scheint gar nicht mehr in so weit entfernter Zukunft zu liegen und das macht teilweise hoffnungslos. Denn vielen Menschen scheinen die Schattenseite diverser Entwicklungen vollkommen egal.


Auch dieses Mal geht es mehr oder weniger darum, dass ein paar von der Gesellschaft Abgehängte sich große Ziele gesteckt haben. Dieses wird im Laufe der Handlung immer wieder angedeutet, weshalb ich total gespannt darauf war was denn nun passieren wird. Erst ganz langsam wird klar was es denn nun ist. Es ist total gruselig zu lesen wie fragil die Gesellschaft in RCE ist, die ja unsere definitiv widerspiegelt. An sich hat es nicht viel gebraucht um diese komplett ins wanken zu bringen und genau solche Taten traut man dieser Personengruppe nicht zu.

Vor allem die Kurzbeschreibungen der jeweiligen Personen fand ich amüsant. In vielen Dystopien/Utopien werden diese so dargestellt und hier hatte ich mich gefragt, ob diese Variante tatsächlich irgendwann genauso verwendet wird. Spielen irgendwann ausschließlich die Ethnie, sexuelle Orientierung und soziale Rolle?


Besonders die Aufmachung vom Hörbuch konnte mich begeistern. Obwohl ich sonst Umsetzungen mit nur einem Sprecher bevorzuge. Die Pointen werden eher nüchtern und sachlich vorgetragen, was sie noch einmal viel zynischer klingen lässt als ohnehin schon.

Für das Buch muss man definitiv einiges an Zeit einplanen und als ich richtig in der Handlung drinnen war, hatte ich gar nicht mehr gemerkt wie viel Zeit ich damit schon verbracht hatte. Ich hatte es richtig genossen der Handlung zu folgen und würde am liebsten direkt den nächsten Teil lesen.

Am liebsten würde ich das alles direkt noch einmal lesen. Aber wahrscheinlich würden mich die sehr einprägsamen Pointen nicht mehr ganz so amüsieren wie beim ersten Mal. Mir hat das Buch definitiv ein paar sehr unterhaltsame Stunden beschert und macht definitiv Lust auf mehr.
Profile Image for Heiko.
172 reviews3 followers
October 25, 2025
Schwierig schwierig.

First of all: "RCE" zu lesen hat sich wie eine auf 700 Seiten ausgedehnte Panikattacke angefühlt.

Ich habe beim Lesen (und leider beim parallel-mitgooglen) gemerkt, dass Sibylle Berg nicht nur viel selbst recherchiert hat, sondern auch - wie in der Dankeserklärung beschrieben - mit sehr vielen, sehr klugen Menschen gesprochen hat. Gerade das macht "RCE" so beklemmend. Dadurch ist der zweite Band in der Reihe eben nicht nur eine dystopische Zukunftsfantasie sondern leider eine etwas stringent weitergedachte Vorstellung darüber, was sein wird und was bereits ist.

Einige auf Goodreads haben den Schreibstil bemängelt, ich persönlich mochte ihn. Es ist geordnetes Chaos pur und bricht mit eigentlich allem, was man als "gutes" Schreiben betiteln könnte. Das passt zu den Charakteren, der Vision und der allgemeinen Stimmung.

Bin ich so begeistert wie nach dem Lesen von "GRM"? Nein.
Werde ich Band drei der Reihe noch lesen? Mit etwas Abstand: ja. Dafür liebe ich Sibylle Berg Rants über die Zukunft und die Welt zu sehr.

Fazit: Sehr spannendes Buch, das mit persönlich etwas klüger gemacht hat über die Welt. Kein Highlight, aber ich bin 'froh', es gelesen zu haben.
Profile Image for Franziska .
364 reviews
June 28, 2022
#review #reading #neuerscheinung2022 @sibylleberg

5*

"...neben Psychopharmaka, Singleplattformen und Alkohol, ein weiterer geldwerter Vorteil der codegesponserten Massenvereinsamung, ..." (Seite 5)

"Sie wussten, dass im Netz alles war. Die Stromversorgung, die Verkehrsregelung, die Börse, der Welthandel, die Züge, das Leben. .." (Seite 19)

"... denn Sicherheitslücken waren nötig, um mit Überwachung die Welt zu einem besseren Ort werden zu lassen." (Seite 45)

Diese Zitate lassen ich stellvertretend für 20 weitere stehen, die hätten aufgezählt werden können. @sibylleberg hat für ihren Roman als Vorschlag um die Welt zu retten sehr viel Recherche betrieben und und das gibt einen tiefen Einblick in die Welt wie sie heute ist. Natürlich oft wertend bzw. zynisch, doch der Schreibstil und der Aufbau der Geschichte ist unglaublich geschickt wie alles greift ineinander.

Sie skizziert ein teilweise überspitztes Bild der Charaktere und Szenen, doch wenn ich länger darüber nachdenke, wahrscheinlich leben wir wirklich aktuell in einer solchen Welt.
Profile Image for Peter.
595 reviews24 followers
July 7, 2025
„Was für ein wunderbar zynisches böses Buch für Misanthropen und mich“, so habe ich meine Rezension über GRM (Brainfuck) begonnen und so oder so ähnlich könnte ich auch meine Anmerkungen zu RCE beginnen. Sibylle Berg hat dafür bei Computerspezialisten, Programmierern, Hackern und dem einen oder anderen Nerd akribisch recherchiert. Es ist ein SF-Roman, eine Dystopie, eine Gesellschaftskritik und eine vergnügliche Lektüre. Ich mag den mitunter bösen Ton und die bittere Ironie der Sibylle Berg. Erschreckend ist die neoliberale Haltung der Politik gegenüber Randgruppen, wie wir das gerade eben in manchen Staaten in die Praxis umgesetzt sehen. Zum Beispiel gibt es stichwortartige Anmerkungen, wenn eine neue Figur den Roman betritt. Das sieht dann so aus:
Gesundheitszustand: Vereiterung des Kiefers durch mangelnde Eigenverantwortung
Familienstand: Porno
Intelligenz: Dunning-Kruger-Effekt
Hobbys: soziale Medien
Freunde: keine übrig, die meisten in Anstalten oder tot
Stimmung: hoffnungslos
Für Houellebecq-Leser eine unbedingte Leseempfehlung – aber vielleicht besser vorher GRM lesen.
53 reviews
August 8, 2022
Meine Erwartungen wurden leider nicht erfüllt. Viele Erzählstränge und zu viele Personen machen es unmöglich sich in das Buch einzufühlen. Ich habe lange gebraucht und fühle mich trotzdem nicht so als hätte ich das Buch fertiggelesen (?). Form oder Stil sind eigentümlich, aber man gewöhnt sich daran, kann es bestimmt auch sehr gut finden.

Absoluter Pluspunkt ist die riesige Fracht an Wissen, der mit Sicherheit jahrelange Recherche voranging. Was kapitalistische Skandale u.ä. angeht, bin ich jetzt auf dem neuesten Stand. Zur politischen Meinungsbildung ist RCE also hervorragend geeignet.

Ob das Buch als "Anleitung zur Revolution" gelesen werden kann, ist fraglich. Dennoch lässt es hoffnungsvoll zurück. Eine größere Nähe zu den Charakteren, hätte es mir erleichtert das Buch und die Revolution tatsächlich in unser aller Lebenswelt einzudenken. Das schließlich wäre das finale Ziel. Oder nicht?
Profile Image for Eva.
1,157 reviews27 followers
September 4, 2022
I still think GRM: Brainfuck is brilliant, but I don't seem to have the patience for its sequel. Listening to Berg's dry and hyper-cynical social tech-dystopia is very anxiety inducing. It's darkly funny, it's highly researched, and the depressing thing about it is, that the trajectory of turning society into a mindless mob ruled by algorithms and social-virtue-signaling feels so very inevitable. And this is hard to take. Maybe if the book was shorter, maybe if there was more narrative structure. I got about a quarter into it, before deciding my brain doesn't need this.
Profile Image for Regina.
68 reviews7 followers
February 24, 2023
Wie alles von Sibylle Berg und auch der Roman GRM, auf den RCE als Teil zwei einer Trilogie folgt, geht es hier nicht um Optimismus, sondern einen kritischen Ritt durch eine nahe Zukunft, in die der gegenwärtige Zustand der Gesellschaften weltweit gemündet ist, gespickt mit bitterem Humor. Den braucht man auch, um den Blick auf das Verhandelte zu halten. Wieder mal unglaublich treffend und diesmal mit einem gnadenlos Cliffhanger...
37 reviews22 followers
Read
August 8, 2022
habe es gar nicht gefühlt, aber dem Buch auch keine Chance gegeben.
habe es einfach im falschen Moment angefangen zu lesen, denn Sibylle Berg ist eigentlich genial.
werde es vermutlich zu einer anderen Zeit wieder aufgreifen, möchte mich aber jetzt nach einer Romanphase wieder auf Selbstentwicklungs-Bücher konzentrieren.
Profile Image for Conny.
616 reviews86 followers
August 13, 2022
Irrsinn trifft es ganz gut, was in diesem Ziegel abspielt. RCE ist eine Abrechnung mit so ziemlich allem, was auf der Welt schiefläuft. Zwischendurch durchaus pointiert, oft aber nur schimpfkanonadig-anstrengend. Inhaltlich liegt Sibylle Berg natürlich goldrichtig, aber ich war froh, als sie nach ca. 650 von 700 Seiten (und ich nach drei Monaten) endlich mal zum Punkt gekommen ist.
Profile Image for Andreas.
2 reviews
December 25, 2023
Sehr sehr klug, geradezu bizarr detailverliebt, und offenbar sehr akribisch recherchiert - vor allem, was die beschriebene Technik angeht. Dadurch aber auch: WAHNSINNIG anstrengend zu lesen. Am Ende fühlt man sich geradezu erschlagen, von all den Fakten, dem Elend, den Erzählperspektiven. Tolles Buch. Will ich nie wieder lesen. ;)
46 reviews
November 2, 2024
Habe das Buch gehört und zum ersten Mal ein Buch von SB nicht abgeschlossen. Dieser nicht endende Schwall an Geschimpfe über die Gesellschaft und den Kapitalismus von jemandem der selber in der Schweiz wohnt konnte ich nicht ertragen. Die Hauptprotagonisten sind auch so langweilig gezeichnet dass man kein Interesse hat der Geschichte zu folgen. Halb so lange hätte es auch getan!
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